Wein gilt beim Verbraucher als Naturprodukt. Was drin ist? Weintrauben und Alkohol (aus Weintrauben). Das vermuten wohl die meisten – beim "Billig-Wein" bleibt es aber selten dabei. Kennzeichnungspflichtig ist Schwefel ab einem Gehalt von zehn Milligramm, der konserviert den Wein und schützt ihn vor Oxidation. Außerdem muss man Hühnereiweiß und Milchprodukte erst kennzeichnen, wenn 25 Milligramm pro Liter nachweisbar sind. Das sind sie meist nicht, zumindest nicht in dieser Höhe.
Was das Huhn und die Milchprodukte im Wein zu suchen haben? Tierische Produkte werden zur Klärung eingesetzt und entfernen Trübstoffe. Deshalb sollten Veganer auch zum veganen Wein greifen. Die meisten wissen davon gar nichts. Auch nicht, dass zur Klärung nicht nur Hühnereiweiß, sondern auch Fisch verwendet wird. Oder dass Zucker zugefügt wird, um höhere Alkoholwerte zu erzielen. Geschweige denn von den gut 200 bis 300 zugelassenen Zusatzstoffen, technischen Hilfsmitteln und Verfahren, die den billigsten Traubensaft zu Wein verwandeln können, der dann im Discounter oder Supermarkt in den Verkauf gelangt. All das muss nicht auf dem Etikett stehen.
Wer billig verkauft, muss billig produzieren
Wein-Experte Martin Kössler ist seit 40 Jahren Weinhändler in Nürnberg. In der ZDF-Sendung "Wiso-Doku" bekräftigt er, dass viele Weine aus dem Supermarkt und auch Discounter Industrieprodukte sind und nichts mehr mit dem Naturprodukt Wein zu tun hat. Er ist davon überzeugt, wer billig verkaufen muss, muss auch billig produzieren.
Valerie Murat ist Tochter eines Winzers im Bordelais in Frankreich. Ihr Vater ist 2014 an Lungenkrebs gestorben, der Krebs wurde als Berufskrankheit eingestuft. Seitdem kämpft sie in ihrer Region gegen den Einsatz von Pestiziden im Weinbau. Einige Winzer in der Region arbeiten industriell und verzichten nicht auf den Einsatz von gefährlichen Stoffen im Weinbau. Weil Murat einen Labortest mit Bordeaux-Weinen machte, die Ergebnisse veröffentlichte und die Weine als giftig bezeichnete, wurde Murat vom Gericht verurteilt und mit einer saftigen Geldstrafe belegt. Sie habe die Winzer im Bordelais herabgewürdigt, urteilte das Gericht. Ihre Gegner sind empört und bekräftigen, dass sie alles dafür tun, sorgsam mit Pflanzenschutzmitteln umzugehen. Ganz darauf verzichten, tun aber die wenigstens. Gut 85 Prozent der Winzer arbeiten nach wie vor konventionell.
Kaufen Sie nicht nach Etikett: So vermeiden Sie die häufigsten Fehler beim Wein-Einkauf

Es ist völlig in Ordnung, kein Profi in Sachen Wein zu sein. Im Restaurant bieten Sommeliers Hilfestellung, im Handel die Weinfachverkäufer.
Nicht am Preis orientieren
Auch in Südafrika sind die Produktionsbedingungen fragwürdig. Hierzulande profitieren wir davon, südafrikanische Weine sind unschlagbar billig. Darunter leiden die Arbeitnehmer*innen, häufig Frauen, die am Existenzminimum kratzen.
Wein-Experte Kössler empfiehlt, sich beim Weinkauf nicht am Preis zu orientieren, sondern sich Gedanken darüber zu machen, welche Wertigkeit hinter dem Wein steht. Und nachzufragen, was wirklich in der Flasche steckt. Am besten sollte man zu Bio-Weinen oder biodynamischen Weinen, die mit einem Demeter-Siegel versehen sind, greifen. Zumindest ist dann gewährleistet, dass Pestizide nicht zum Einsatz kommen. Ein Wein, der nur drei Euro kostet, wie kann der gut sein?