Es ist nur ein Buchstabe, aber er macht einen ziemlich großen Unterschied. Wo sonst auf Hamburgs Bussen immer das Ziel steht und die Linie, gleich vorne über der Windschutzscheibe, ist seit einigen Wochen manchmal zu lesen "Stoppt den Krieg".
Es soll ein Statement sein. Die Botschaft ist leicht zu verstehen, der Krieg in der Ukraine geht uns alle an. Ja, auch uns im beschaulichen Hamburg, die wir eigentlich nur mit dem Metrobus vier zum Rathausmarkt fahren wollen. Hamburgs Verkehrsbund ist aktiv geworden in Sachen Marketing, die Slogans werden intelligenter, man hat sich unlängst auch eine neue Corporate Identity verpasst. "Stoppt den Krieg", das passt zum neuen Image.
Das Problem dabei: das "t".
Denn warum: "Stoppt den Krieg?" Müsste es nicht heißen: "Stopp den Krieg". Und vielleicht noch hinterhergeschoben: "Stopp den Krieg, Herr Putin!"
Nicht wir können den Krieg "stoppen"
Denn weder ich noch die anderen Fahrgäste und auch nicht der Präsident der Ukraine noch die Armee des Landes können diesen Krieg "stoppen". Beziehungsweise, im Fall der ukrainischen Akteure, sollten es tun – denn das würde ja bedeuten: Man gibt auf, überlässt Putin Territorium oder vielleicht sogar den ganzen Staat. Und belohnt damit einen völkerrechtswidrigen Angriff. Und belohnt auch: Ermordungen von Zivilisten, Massenvergewaltigungen, willkürliche Vertreibungen.
Das gut gemeinte Statement des Hamburger Verkehrsverbundes reiht sich ein in eine Reihe von Friedenssymbolen, die man derzeit an Flaggenmästen, in Fensterscheiben, und natürlich als Memes im Netz sieht. Friedenstauben, Peace-Symbole, gerne in den blau-gelben Farben der Ukraine.
Auch das ist alles ist gut gemeint, es geht auch hier ums Aufrütteln, ums Immer-wieder-ins-Bewusstsein-rücken – es führt nur in die falsche Richtung. Denn es ist ja nicht "der" Krieg in Ukraine, es gibt hier nicht zwei Konfliktparteien, die sich aus Mangel an Einsicht in einem endlosen Krieg verheddert haben und jetzt doch bitte mal an den Verhandlungstisch kommen sollen, um dem Gemorde ein Ende zu bereiten. Russland hat die Ukraine überfallen. Punkt.

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Die pazifistische Symbolik spielt ungewollt Putin in die Hände und dessen Geraune von zwei Seiten, die für diesen Krieg verantwortlich seien. Tatsächlich ist nur er, der Präsident Russlands, dafür verantwortlich. Und nur er kann ihn beenden – indem er dazu gezwungen wird: durch politischen und diplomatischen Druck. Aber auch und wohl vor allem durch Niederlagen auf dem Schlachtfeld.
Putin muss verlieren
Die Historikerin Anne Applebaum, eine der profundesten Kennerin Ost-Europas, fasst es diese Woche hier im stern so zusammen: "Putin einen gesichtswahrenden Ausweg zu eröffnen ist das falsche Ziel. Unser Ziel muss Putins Niederlage sein. Im Grunde genommen ist sogar die schnelle Niederlage die einzige Hoffnung für langfristige Stabilität in Europa. Putin muss nicht nur den Krieg beenden. Er muss zu dem Schluss kommen, dass der Krieg ein schrecklicher Fehler war, einer, der niemals wiederholt werden darf."
Und was können wir tun? Vielleicht zu Anfang: einfach das "t" bei "stoppt" weglassen.