Seit vier Jahren tobt im schwäbischen Klosterzimmern ein bizarrer Streit zwischen einer ultrachristlichen Sekte namens "Zwölf Stämme" und dem staatlichen Schulamt. Die Glaubensgemeinschaft weigert sich aus religiösen Gewissensgründen, ihre Kinder auf eine staatliche Schule zu schicken.
34 schulpflichtige Kinder leben auf dem Gut der Sekte und werden von ihren Eltern Unterricht. "Wir unterrichten bis zur neunten Klasse, aber können keinen Abschluß vergeben. Wir möchten eigentlich, dass die Kinder auf dem Hof bleiben und sich in der Landwirtschaft oder bei der Verwaltung betätigen", sagt ein Sprecher der "Zwölf Stämme".
Dieses Schulmanko wiederum hat die Schulbehörden auf den Plan gerufen. Allerdings konnte auch die zwangsweise Einschulung, Bußgeldbescheide und die Erzwingungshaft für sieben Väter den Widerstand der Sektenmitglieder nicht brechen. Sie hatten sich vor allem am Sexualkundeunterricht und der Evolutionslehre gestört.
Nun scheint die Auseinandersetzung beigelegt. Nach Verhandlungen zwischen dem Landratsamt, dem staatlichen Schulamt und Vertretern der Gruppe sei eine akzeptable und rechtlich tragbare Lösung gefunden worden, sagte Landrat Stefan Rößle (CSU) am Montag in Donauwörth.
Ab August soll auf dem Gut der Gemeinschaft eine private Ergänzungsschule eingerichtet werden. Für diese Schulart gelte das Grundgesetz, sie sei aber freier bei der Auswahl der Ziele, Inhalte und der Wahl der Lehrer, sagte Rößle. Sie unterstehe der Schulhoheit des Freistaates.
Leistungsnachweise und Stundentafeln akzeptiert
Dabei müssten ein geregelter Unterricht gewährleistet und die Fortsetzung der Schulausbildung möglich sein. Träger der Schule ohne finanzielle staatliche Förderung wird die Glaubensgemeinschaft.
Die Eltern der schulpflichtigen Kinder akzeptieren nach Rößles Angaben gültige Stundentafeln, mündliche und schriftliche Leistungsnachweise und die Lernstandsbeschreibung am Schuljahresende. Der Unterricht wird von zwei Lehrkräften der Glaubensgemeinschaft gehalten. Generell hätten die Eltern der Kinder das "Wächteramt des Staates" und die staatliche Schulaufsicht anerkannt.
Bei der jetzt erzielten Lösung stehe das Wohl der Kinder im Vordergrund, sagte Rößle. Mit der Ergänzungsschule würden Rahmenbedingungen für einen geregelten Unterricht gesetzt und den Kindern Chancen zur Fortsetzung der schulischen Bildung eröffnet. Ein Sprecher der "Zwölf Stämme" lobte die Vermittlerrolle des Landrats.