Ausnahme vom Rauchverbot Kurzes Raucherglück

Von Niels Kruse
In Rheinland-Pfalz kippelt das Rauchverbot. So hat es der Verfassungsgerichtshof in Koblenz beschlossen. Jetzt werden weitere Kneipiers die Chance wittern, Ausnahmen vom Verbot einzuklagen - solange bis Karlsruhe den Sonderspezialregelungen einen Riegel vorschiebt.

Noch ist nichts endgültig entschieden, aber Raucher können aufatmen. Oder besser: ihren Qualm weiter einatmen. Zumindest in kleinen rheinland-pfälzischen Mini-Kneipen. So hat es der Verfassungsgerichtshof des Landes jetzt entschieden. Es ist höchstens ein Etappensieg für die Raucher.

Geklagt hatten fünf Gastwirte, deren Läden nur aus einem Raum bestehen, und die deshalb keinen Platz für ein zweites Raucherzimmer haben. Ihr Hauptargument: 80 Prozent der Gäste seien Raucher, dürften die ihrem Laster nicht mehr frönen, würden sie wegbleiben und den Schankwarten so Existenzgrundlage entziehen.

Sonderregelung für eine Handvoll von Randinteressen

Die Richter ließen sich überzeugen und hoben das Rauchverbot auf. Allerdings nicht grundsätzlich. Ihr Eil-Beschluss betrifft lediglich Einraum-Kneipen, in denen nur der Wirt bedient und in denen es keine weiteren Beschäftigten gibt. Die Anzahl derartiger Minischenken wird nicht nur in Rheinland-Pfalz überschaubar sein. Der vorläufige Beschluss - das Hauptsacheverfahren steht noch aus - ist eine von diesen Sonderregelung für eine Handvoll von Randinteressen, wie sie wohl nur in Deutschland möglich ist. Es wird nicht lange dauern, bis weitere Gastonomen ihre jeweilige Spezialsituation in Klageschriften formulieren.

Was wäre etwa mit Einraum-Lokalen, in denen Töchter/Söhne/Gattinnen "aushelfen" und die über eine nagelneue Hochleistungslüftung verfügen? Was ist mit den Wasserpfeifen-Cafés, deren Hauptgeschäftszweck eben im Rauchen besteht? Mit ein bisschen Fantasie ließen sich Dutzende von Gründen finden, warum das Rauchverbot in der aktuellen Form, den Fortbestand dieser oder jeder Gaststätte gefährde. Wie man das Rauchverbot elegant umgeht, hat der Einfallsreichtum der Kneipiers in den vergangenen Wochen und Monaten gezeigt.

Die Raucher wird die Übergangsverwirrung freuen. Sollte die Verfassungsgerichte anderer Bundesländer dem Koblenzer Beispiel folgen, wird das generelle Rauchverbot bald so löchrig sein wie ein Zigarettenfilter. Zwar wäre es wünschenswert, wenn sich Rauchverbote auf freiwilliger Basis umsetzen ließen, doch die Praxis zeigt: Nichtraucher folgen Rauchern in die Kneipe, nicht umgekehrt. Weswegen sich kaum ein Wirt den Luxus erlauben wird, seinen Laden zu einem Nichtraucherlokal zu erklären.

Unabhängig aber wie und ob anderen Klagen gegen das Rauchverbot stattgegeben wird oder auch nicht, das letzte Wort wird das Bundesverfassungsgericht haben. Nicht zuletzt, um die zu erwartenden Sonderspezialausnahmen einzudämmen. Es hat darüber zu befinden, welches Rechtsgut höher wiegt: Das der Berufsfreiheit und des Eigentums, wie es jetzt der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof getan hat, oder das der körperlichen Unversehrtheit - immerhin unantastbares Grundrecht Nummer zwei.

Karlsruhe wird die Beschlüsse kassieren

In welcher Richtung es einschlagen wird, haben sowohl die Richter in Karlsruhe als auch die in Koblenz aber bereits angedeutet: Die Klagen von Rauchern, die sich in der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit eingeschränkt fühlten, wurden abgeschmettert. Und zwar nicht, weil ihnen das Rauchen generell verboten wird, sondern weil ihnen das Rauchen an bestimmten Orten untersagt wird. Es gibt wenig Grund zur Annahme, dass sich die Verfassungsrechtler in den noch ausstehenden Hauptverfahren anders entscheiden werden - und damit alle anderen Beschlüsse kassieren.