Helmut Schmidt "Gerüchte über meinen Tod sind übertrieben"

Wie geht es Altkanzler Helmut Schmidt? In jüngster Zeit war immer wieder über seinen Gesundheitszustand spekuliert worden. Nun hat er sich dazu geäußert - in gewohnter Manier.

Es war sein erster Auftritt nach Monaten, und Helmut Schmidt zeigte sich erstmals im Rollstuhl sitzend in der Öffentlichkeit. Das war Anfang November, zur Verleihung eines Journalistenpreises, der seinen Namen trägt. Nein, Sorgen machen müsse man sich nicht, sagte ein gut gelaunter Altkanzler auf Nachfrage von Moderator Hans-Ulrich Jörges, einem Mitglied der Chefredaktion des stern. "Ich bin so beweglich wie mein Rollstuhl und kann auch Pirouetten drehen, wenn ich will

Seit Ende September gehe es ihm - das Lebensalter eingerechnet - wieder einigermaßen gut, sagte der 90-Jährige. "Ich hatte leider vielerlei Krankheiten, darunter eine äußerst schmerzhafte Gürtelrose im Gesicht." Zeitweise habe er nichts mehr sehen können. "Dazu kamen Probleme mit der Niere und der Hüfte", so der Altkanzler. Seit einigen Wochen sei er nur noch im Rollstuhl unterwegs, "weil mir das Gehen am Stock zu schmerzhaft geworden ist. So lange ich im Rollstuhl sitze, habe ich keine Schmerzen". Alles in allem "keine schöne Zeit, aber nun geht es wieder". Berichten zufolge, Schmidt kämpfe mit dem Tod, konterte er mit einen Zitat, frei nach Mark Twain: "Die Gerüchte über meinen Tod sind recht übertrieben."

Schmidt lobt Kohl

Anlässlich des 20. Jahrestags des Mauerfalls ist Schmidt voll des Lobes für seinen Amtsnachfolger Helmut Kohl. Die Chance, Kanzler der Einheit zu werden, hätte jeder gern gehabt, so Schmidt. Aber: "Wichtig war, dann auch im entscheidenden Moment das Richtige zu tun. Helmut Kohl hat da vor allem eine Sache glänzend angepackt: sein Zehn-Punkte-Programm." Wenn man die heute lese, dann sei da noch nicht von staatlicher Einheit die Rede gewesen, "wohl aber hat er der Weltöffentlichkeit einen Anstoß gegeben, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Ein ganz wichtiger Vorstoß!"

Er selbst hatte den Mauerfall am 9. November 1989 vor dem Fernseher verfolgt. "Dort sah ich, wie die schreckliche Teilung Deutschlands friedlich, ohne einen Schuss, überwunden wurde und mir kamen die Tränen." Tags darauf seien seine Fans aus der DDR in Hamburg angekommen: "Da war unser Haus belagert von DDR-Bürgern, die sich mit ihrem Trabbi durchgekämpft hatten bis nach Hamburg-Langenhorn, um zu sehen, wo diese Schmidts wohnen." Er selbst habe damals nicht damit gerechnet, dass die Wiedervereinigung noch zu seinen Lebzeiten geschehen könnte.

Wehrpflicht ist altmodisch

Bei der aktuellen Diskussion um die Verkürzung der Wehrpflicht beginnt Schmidt, seine Meinung zu überdenken. "Nach der jetzigen Regelung wird nur ein sehr kleiner Teil eines Jahrgangs wirklich zum Wehrdienst eingezogen. Das führt zu einer Ungleichheit, die nach meinem Gefühl an die Grenze der Verfassungswidrigkeit stößt." Deshalb plädiert er für einen Umbau der Bundeswehr in eine Berufsarmee für Auslandseinsätze. "Ich sehe Deutschland nicht mehr bedroht wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Die heutigen Gefahren liegen im Terrorismus. Dagegen helfen Soldaten nur wenig."

Kritisch betrachte er die Verleihung des Friedensnobelpreises an US-Präsident Barack Obama: "Die Auszeichnung hat Herrn Obama nur geschadet. Das mag nicht die Absicht gewesen sein, aber es war eine schwere Beschädigung", so Schmidt.

nik mit Agenturen