Lützerath Polizei setzt Räumung fort – RWE reißt erstes Gebäude ab

Bei Lützerath trifft ein Trupp maskierter Polizisten auf Demonstrantinnen und Demonstranten
Zwischen Polizei und Protestierenden kommt es bei Lützerath immer wieder zu Rangeleien
© Roberto Pfeil / DPA
Sehen Sie im Video: Polizei setzt Räumung von Lützerath gegen 150 Aktivisten fort.




Am Tag zuvor war der Protest nach Polizeiangaben weitgehend friedlich verlaufen. Die Polizei hatte sich zufrieden gezeigt über die Fortschritte bei der Räumung am ersten Tag. Laut den Behörden hatten sich rund 350 Personen unrechtmäßig in Lützerath aufgehalten. Allerdings hätten etwa 200 Klimaaktivisten nach Angaben des Aachener Polizeipräsidenten Weinspach das Gelände bereits freiwillig verlassen. Damit befinden sich schätzungsweise noch etwa 150 Aktivisten vor Ort. Die Polizei ist nach eigenen Angaben mit circa 1000 Kräften im Einsatz. In Lützerath hatten Aktivisten seit Monaten leerstehende Häuser besetzt sowie 25 Baumhäuser errichtet. Sie protestieren gegen den Abriss und gegen die Fortsetzung des Braunkohleabbaus. Der Energiekonzern RWE hat die Genehmigung, die Kohle unter dem Dorf abzubauen. Das wurde von Gerichten letztinstanzlich bestätigt.
Noch stellen sich Dutzende Klimaaktivistinnen und -aktivisten der Polizei entgegen, doch die Räumung von Lützerath geht weiter. RWE hat begonnen, eines der geräumten Gebäude abzureißen.

In Lützerath haben Arbeiter am Donnerstag damit begonnen, eine ehemalige landwirtschaftliche Halle abzureißen. Zwei Bagger seien im Einsatz, berichtete ein DPA-Reporter. In kurzer Zeit sei eine Außenwand entfernt worden. Am Morgen hatte die Polizei Abriss- und Baumfällarbeiten für diesen Donnerstag angekündigt. Durchgeführt werden diese von RWE, dem Konzern gehört die Ortschaft. Wenn die Polizei einen Bereich für gesichert erkläre, werde man mit den Arbeiten beginnen, sagte ein RWE-Sprecher. "Sicherheit für alle Beteiligten hat dabei oberste Priorität."

Der Energiekonzern RWE hatte am Morgen einen "geordneten Rückbau" in den von der Polizei freigegebenen Bereichen in Lützerath angekündigt. Die Polizei setzte am Donnerstag die Räumung der von Klimaaktivisten besetzten Ortschaft fort.

Demo gegen Räumung von Lützerath

Mehrere Hundert Menschen haben am Donnerstag gegen die Räumung des Braunkohleortes Lützerath protestiert. An dem Demonstrationszug vom Erkelenzer Ortsteil Keyenberg in Richtung des etwa vier Kilometer entfernten Lützerath beteiligten sich nach Schätzung der Polizei etwa 800 Menschen. Die Aktion wurde von mehreren Initiativen unterstützt. Unter den Teilnehmern war auch die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer. Sie trug ein Schild mit der Aufschrift "Klimaschutz ist Handarbeit".

Neubauer hatte unmittelbar vor dem Start der Demonstration der Polizei ein massives Vorgehen bei der Räumung vorgeworfen. Dass die Polizei die Räumung bei Dunkelheit und bis in die Nacht hinein fortgesetzt habe, sei gefährlich und unverständlich, sagte sie vor Journalisten.

Ruhige Nacht trotz zweier Vorfälle

Ein DPA-Reporter berichtete von einer weitgehend ruhigen Nacht. Einmal seien am Mittwochabend einige Böller geworfen und Feuerwerksraketen aus einem besetzten Gebäude gezündet worden, verletzt wurde niemand. Währenddessen holte die Polizei nicht weit davon entfernt eine Gruppe von Klimaaktivistinnen und Aktivisten von einem Lagerhallendach.

An einer anderen Stelle war die Polizei in der Nacht mehrere Stunden damit beschäftigt, eine Aktivistin aus einem Autowrack zu befreien, das als Hindernis auf einem Weg aufgebaut worden war. Die Frau hatte sich in dem Wrack verschanzt und ihre Füße in den Weg zementiert. In den frühen Morgenstunden konnte sie herausgeholt werden.

Klimaaktivistinnen harren trotz Sturm aus

Das schlechte Wetter machte den verbliebenen Aktivisten zu schaffen: Es herrschte Dauerregen und starker Wind. "Wir hoffen, dass der Sturm nicht noch stärker wird", sagte eine Sprecherin der Initiative "Lützerath lebt" am Donnerstagmorgen. Die Situation sei etwa für die Menschen in den Baumhäusern gefährlich. "Im Normalfall kommen sie bei Sturm runter", sagte sie. In den Baumhäusern und in besetzten Gebäuden harren weiterhin Klimaaktivistinnen und Aktivisten aus. Wie viele es sind, ist unklar. Die Sprecherin machte dazu keine Angaben.

Ein Baumhaus der Aktivisten haben Polizisten aus knapp 10 Metern Höhe kontrolliert zum Absturz gebracht. Nachdem die Besetzer das Holzhaus verlassen hatten, wurden alle Halteseile durchgeschnitten. Das Baumhaus sei dann krachend in die Tiefe gestürzt und dort in viele Einzelteile zerbrochen, berichtete ein dpa-Reporter. Einsatzkräfte waren dabei, auch benachbarte Baumhäuser zu räumen. Auf dem Boden rissen Bagger mit ihren Schaufeln bereits eine Hütte nach der anderen ab.

In anderen Häusern machen es die Aktivisten den Beamten die Räumungsarbeiten umso schwerer. Mehrere haben sich nun mit Kleber in ihren Hütten festgeklebt. In einer Hütte hatten Besetzer ihre Hände an die Fensterscheiben geklebt. Beamte konnten sie aber schnell lösen, wie ein dpa-Reporter am Donnerstag berichtete. "Wir haben Erfahrung mit Lock-ons aller Art", sagte ein Polizeisprecher. Als Lock-on werden Aktionen bezeichnet, bei denen sich Aktivisten festkleben oder anketten, damit Polizisten sie nicht einfach wegtragen können.

DPA
tkr