Madrid Weltjugendtag feiert strengen Papst

Über eine Million Menschen bei der Abschlussmesse auf dem Madrider Weltjugendtag: Der Papst wird von jungen Leuten aus aller Welt gefeiert wie ein Popstar. Benedikt XVI. genießt den Zuspruch, bleibt in der Sache aber streng und unbeirrt.

Sie trotzten der brennenden Sonne, der drückenden Hitze und einem Unwetter mit Sturm und Regen. Hunderttausende junge Katholiken campierten nach einer Gebetswache mit dem Papst eine Nacht mit ihren Schlafsäcken auf einem riesigen Flughafengelände vor den Toren Madrids. Am nächsten Morgen feierte die Menge dann mit ihrem "Benedicto" eine Heilige Messe und damit das Ende des Weltjugendtags. Es waren mehr als eine Million, so schätzten die spanischen Medien.

Gelassen, ausdauernd und die Hitze von Madrid hinnehmend ließ sich Benedikt XVI. im Papamobil in diesen Tagen zu Andachten, Messen und politischen Begegnungen fahren. Der 84-Jährige bewahrte auch die Ruhe, als bei der Gebetswache unter freiem Himmel ein Unwetter aufkam und er eine Ansprache unterbrechen musste. "Wir sind stärker als der Regen", rief er den Gläubigen zu. Er wollte nicht von der Bühne weichen. Vatikansprecher Federico Lombardi missfiel es nicht, dass Petrus nicht mitspielte: Im Leben gebe es unvorhersehbare Dinge.

Hoffnung und Mut für die Generation Internet

"Sehr zufrieden" sei der Papst über dieses größte Begegnungsfest seiner Kirche, wurde Lombardi nicht müde zu betonen. Hoffnung und Mut hatte er den jungen Katholiken machen wollen. Denn in etlichen ihrer Länder gibt es Krieg und Diktatur, Christen werden verfolgt. In anderen - so in Spanien - herrscht zwar Demokratie, aber auch Arbeitslosigkeit.

"Habt keine Angst vor der Welt, noch vor der Zukunft oder vor eurer Schwachheit." Solche päpstlichen Sätze waren die Botschaft an den gläubigen - und vielleicht auch den suchenden - Teil der Internet- und Facebook-Generation. Das war beim viertägigen Besuch des Papstes spürbar. Die Begeisterung der jungen Leute aus 193 Ländern über "ihren" Papst und die Glaubensparty von Madrid entlockte einem hohen Kirchenmann die Bemerkung: "Dieser Weltjugendtag ist der Beginn der Neuevangelisierung Europas." Es wäre in Benedikts Sinne.

Neuer Atem für den Glauben

Denn genau dieses hat sich Joseph Ratzinger auf die Fahnen geschrieben: Dem Glauben in der Alten Welt will er neuen Atem einhauchen. Dort also, wo seine Kirche auf dem Rückzug ist und nach Ansicht des Vatikans Gleichgültigkeit und Konsumdenken vorherrschten. Schon bei seiner Reise nach Großbritannien im vergangenen Jahr hatte der Papst der Kirche Auftrieb gegeben und eine "gute Figur" gemacht.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Die ruhige, abgeklärte Art des Papstes scheint auch seine Kirche erfasst zu haben, die nach der tiefen Krise des Missbrauchsskandals Vertrauen zurückgewinnen will. Die Proteste und Demonstrationen der Papst-Gegner taten der Gelassenheit keinen Abbruch. Im Vergleich zu den jungen Leuten, die zu Hunderttausenden Madrid überfluteten, blieben die 10 000 Anti-Papst-Demonstranten eine kleine Minderheit.

Ein Hauch von Woodstock

Gut, die gelb-orange-grün gekleidete Masse in Madrid feierte den Pontifex aus Rom wie einen Popstar. Über dem Treffen auf dem Flughafengelände Cuatro Vientos lag zeitweise ein Hauch von Woodstock: Unter den jungen Leuten herrschte eine ausgelassene und freudige Stimmung wie auf dem legendären Musikfestival 1969 in den USA.

"Das Verhalten der jungen Pilger war vorbildlich", lobte die Zeitung "La Vanguardia". Die Veranstalter hatten bei der Aufnahme von über einer Million Menschen auf einem Flugfeld an alles gedacht: Sie hatten einen 200 Meter langen Altar errichtet, 48 Lautsprechertürme, 20 Großleinwände und 4000 Toilettenhäuschen aufgestellt, nur von Sturm und Regen wurden sie überrascht.

Der Mann auf dem Stuhl Petri genoss den Zuspruch der Menge zwar, blieb in der Sache aber unbeirrt und streng - zum Beispiel in der Frage der Ehelosigkeit der Priester, bei seiner Generalkritik an der "instabilen und zerbrechlichen Gesellschaft" oder der Verteidigung des "Rechts auf Leben". Benedikt weicht da keinen Schritt zurück.

Kritiker sehe eine andere Wahrheit

Kritische Stimmen zum Weltjugendtag wurden allenfalls am Rande laut. "Das Treffen war eine riesige Sinnestäuschung", meinte der spanische Schriftsteller Jesús Ruiz Mantilla in der Zeitung "El País". "Die brutale Wahrheit ist, dass es in den Priesterseminaren an Nachwuchs fehlt, dass sich in den Kirchen nur noch Grauhaarige einfinden und die Kirchenführung mit ihren Botschaften und Doktrinen jede Beziehung zur Realität und zum Alltagsleben verloren hat."

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Hanns-Jochen Kaffsack und Hubert Kahl/DPA