Nazigold in Polen Das Rätselraten um den Fundort geht weiter

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer: In Polen sollen zwei Männer einen verschollenen Zug mit Nazigold gefunden haben. Nun gibt es neue Spekulationen über den Ort des vermeintlichen Sensationfunds.

Das Rätselraten um den Fund eines deutschen Panzerzuges mit mutmaßlichem Nazigold in Niederschlesien hält an. Nach neuen Spekulationen wird der Zug unter einer ehemaligen Bahnstation in Walim vermutet, berichtete der Rundfunksender Radio Wroclaw am Donnerstag. Nach Berichten über den Fund des womöglich mit Nazigold beladenen Zuges tauchten Meldungen über heimliche Grabungen auf dem Gelände auf. Im Mai sollen dort sechs Löcher gebohrt worden sein.

Niemand habe um Grabungserlaubnis gebeten, sagte Bürgermeister Adam Hausman dem Sender. In dem einstigen Wallersdorf wurde nach Angaben von Zeitzeugen im Mai 1945 ein Konvoi gesichtet, dessen Wagen die Signatur der Deutschen Reichsbank trugen.

Seit Jahrzehnten sind Gerüchte über Schätze und Raubgold in den Tunneln und Stollen der Bergbauregion im Umlauf. Schätze, die die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs etwa von ermordeten Juden geraubt hatten und die sie vor dem Ende des Krieges nicht mehr rechtzeitig in den Westen schaffen konnten.

Keine Infos zum Fundort ohne Finderlohn

Ein Schreiben des Anwalts Jaroslaw Chmielewski an den Gemeindevorstand von Walbrzych (Waldenberg) sorgte nun für Aufregung über die Region Niederschlesien hinaus. Die beiden Mandanten Chmielewskis - einer der Männer soll ein Deutscher sein - melden Ansprüche auf Finderlohn für einen angeblich von ihnen entdeckten gepanzerten deutschen Zug aus dem Zweiten Weltkrieg an. Ehe ihnen nicht zehn Prozent der angeblichen Edelmetalle und Militaria zugesichert werden, wollen sie keine näheren Angaben machen.

In Walbrzych geben sich die Behörden bedeckt: Ja, das Schreiben sei eingegangen, die Angelegenheit werde geprüft. Als völlig abwegig wird der angebliche Fund in der Bergbaustadt offenbar nicht behandelt, denn es gab bereits ein Treffen mit Vertretern von Polizei, Feuerwehr und Militär. "Wir sind bereit, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen", sagte eine Polizeisprecherin im Nachrichtensender TVN24.

70 Meter unter Erde

Gemeindevorstand Jacek Cichura geht es erst einmal vorrangig um die Sicherheit der Bevölkerung. "Wenn der Zug tatsächlich existiert, ist er wahrscheinlich vermint. Er kann auch eine große Menge (des Grubengases) Methan erhalten" sagte er der "Gazeta Wyborcza". Die Zeitung berichtete am Donnerstag unter Berufung auf einen anonymen Informanten, die Schatzsucher hätten den Zug mit Hilfe von Georadaren in der Umgebung Walbrzychs gefunden. Er soll sich bis zu 70 Meter unter der Erde befinden.

Am Donnerstag berichtete der Rundfunksender "Radio Wroclaw" von neuen Spekulationen über den Fundort - der Zug befinde sich womöglich unter einer ehemaligen Bahnstation in Walim, wo im Mai heimlich gegraben wurde. Sechs Bohrlöcher wurden auf dem Gelände entdeckt – einen Antrag auf Grabungserlaubnis habe niemand gestellt, so Bürgermeister Adam Hausman. Zeitzeugen zufolge wurde im Mai 1945 in Walim ein Konvoi gesichtet, dessen Wagen die Zeichen der Reichsbank trugen.

Fund vergleichbar mit der Titanic

"Das ist ein Fund von Weltrang, vergleichbar mit der Titanic", trumpfte Anwalt Chmielewski im Gespräch mit Radio Wroclaw auf. Doch dem Juristen geht es eher um die historische Bedeutung. "Mich wundert, dass von Gold die Rede ist", sagte er. "Niemand weiß, was im Inneren (des Zuges) ist. Das kann ganz gewöhnliches Industriematerial sein." Über seine Klienten schweigt sich der Anwalt aus. Er wisse doch eigentlich gar nichts über den Fall, versichert er aufgeregten Journalisten. "Ich habe nur eine Rechtsberatung gegeben."

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Joanna Lamparska, niederschlesische Lokalhistorikerin, verweist darauf, dass in der Region um Walbrzych gleich zwei Züge mit Nazi-Gold in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs verschwunden sein sollen. So jedenfalls erzählt es die örtliche Legende. "Niemand konnte jemals die Existenz dieses Zuges beweisen", warnte sie im Gespräch mit TVN24 vor überhöhten Erwartungen - auch wenn ein tatsächlicher Fund eines deutschen Zuges eine "unglaubliche Entdeckung" wäre.

Spekulationen haben Tradition

Ganz neu ist Schatzsuche in den Tunneln und Schächten Niederschlesiens nicht. In der Nähe von Walbrzych befand sich während des Zweiten Weltkriegs ein weitreichendes Tunnelsystem. Wegen der Luftangriffe in der Endphase des Krieges sollte Industrieproduktion unter die Erde verlagert werden.

Vor Jahren machten bereits einmal Gerüchte die Runde, dass sich das legendäre Bernsteinzimmer in der Region befinden könnte, etwa in einem Tunnel mit Verbindung zum Fürstenschloss von Walbrzych. Bislang wurde nichts gefunden. Auch nun blühen wieder Spekulationen. So werden mal bis zu 300 Tonnen Gold in dem geheimnisvollen Zug vermutet, mal eine Ladung Diamanten.

Andrzej Gaik, der heute Touristen durch das alte Fürstenschloss von Walbrzych führt, glaubte jahrelang an die Legende vom "goldenen Zug" und ging auf Schatzsuche - vergeblich, wie er am Mittwoch im polnischen Fernsehen einräumte. "Meiner Meinung nach ist noch niemand auf die Spur des Zuges gestoßen", sagte er voller Skepsis.

DPA
jka