Linkes Szenehaus Entscheidung zu Räumung bei "Rigaer 94" wird noch dauern

Demonstranten begleiten den Prozess mit Protesten. Foto: Soeren Stache/dpa
Demonstranten begleiten den Prozess mit Protesten. Foto
© Soeren Stache/dpa
Seit Jahren beschäftigt das Symbol der linksradikalen Szene Polizei und Justiz. Das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben, wie vor Gericht deutlich wird.

Im Streit um die Räumung des teilbesetzten Hauses "Rigaer 94" in Berlin-Friedrichshain wird es so schnell keine Entscheidung geben. Das machte das Landgericht Berlin zum Auftakt der mündlichen Verhandlung über sechs Räumungsklagen deutlich. Vor dem Gericht demonstrierten Anhänger der linksautonomen Szene für den Verbleib des Gebäudekomplexes "Rigaer 94", der als eines der letzten Symbole der linksradikalen Szene gilt. 

Die Eigentümergesellschaft mit Sitz in Großbritannien verlangt, dass die Menschen das Haus räumen. Entsprechende Klagen hat das Amtsgericht Kreuzberg als unzulässig abgewiesen. Der Hauseigentümer hat dagegen Berufung eingelegt. Darum befasst sich nun die nächste Instanz mit den Fällen. 

Zwölf Berufungsverfahren

Dem Gericht liegen zwölf Berufungsverfahren vor. Über diese soll auch in weiteren Verhandlungen am 17. und 24. September beraten werden. Seine Entscheidungen dazu wird das Gericht erst im Anschluss treffen, wie der Vorsitzende Richter sagte. Derzeit seien die Fälle nicht "entscheidungsreif". Voraussichtlich im Oktober werde das Gericht sagen, wie es weitergeht. 

Das Amtsgericht Kreuzberg hat alle vorliegenden Räumungsklagen des Hauseigentümers aus formalen Gründen als unzulässig abgewiesen, wie der Richter sagte. Demnach verfügt die Klägerseite nicht über die Legitimation, eine Räumung anzustreben. Zu einer inhaltlichen Prüfung möglicher Ansprüche der britischen Gesellschaft ist es deswegen nicht gekommen.

Nach bisheriger Beratung teile die Kammer diese Auffassung, sagte der Vorsitzende Richter. Würde die Kammer bei dieser Auffassung bleiben, widerspräche sie einem Urteil der nächsthöheren Instanz, dem Berliner Kammergericht. Dieses hatte im Sommer 2024 entschieden, die Gesellschaft habe ihren Verwaltungssitz in England und sei deswegen handlungs- und prozessbefugt. 

Eine Chance eröffnete der Richter allerdings dem Kläger: Wäre er bereit, seine Gesellschaftsform in eine umzuwandeln, die in Deutschland gesetzlich anerkannt sei, sei die Eigentümerin auch prozessfähig. In dem Fall müssten aber Gesellschafter persönlich benannt werden und haften dann auch. 

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In wenigen Einzelfällen kamen die Beteiligten immerhin einen Schritt weiter: Frühere Bewohner und Bewohnerinnen, bei denen es um Altmietverträge ging, erklärten sich in einem Vergleich bereit, die Wohnungen zu räumen. Der Hauseigentümer erklärte dafür, sämtliche Kosten des Streits zu übernehmen. 

Seit Jahren Streit um "Rigaer 94"

Der zum Teil besetzte Gebäudekomplex mit rund 30 Wohnungen beschäftigt seit Jahren die Gerichte. Gegen Räumungen hat sich die linke Szene Berlins immer wieder heftig gewehrt. 

Vor rund zwei Wochen gab es in dem verbarrikadierten Gebäude einen großen Polizeieinsatz mit rund 200 Einsatzkräften, Ramme und weiteren technischen Geräten. Bei dem Großeinsatz wurde das Haus laut Polizei durchsucht, um die aktuellen Bewohner zu identifizieren. Der Eigentümer hatte die Durchsuchungsbeschlüsse mit Blick auf die Gerichtsverhandlungen beantragt. Das Gericht betonte zu Beginn der mündlichen Verhandlung, dass die Kammer an diesem Vorgang nicht beteiligt war.

Auch Klage gegen "Kadterschmiede"

Parallel zu den Klagen gegen einzelne Bewohnerinnen und Bewohner läuft ein Verfahren gegen die illegale linksautonome Kneipe "Kadterschmiede". Die Betreiber, die sich als Verein organisiert haben, nutzen Räume im Seitenflügel des Komplexes seit Ende 2013 ohne Mietvertrag. 

Die Gesellschaft hat mehrfach erfolglos versucht, dagegen vorzugehen. Am 17. September soll über eine erneute Klage in erster Instanz von anderen Richtern am Landgericht verhandelt werden.

dpa