Das sorbische Volk hat nach Ansicht des Serbski Sejm (Sorbisches Parlament) in Deutschland keine wirksame politische Vertretung. Es gebe keinen Rahmen, der eine politische Interessenvertretung der Sorben vorsehe oder finanziere, teilte ein Sprecher des Parlamentes mit. Damit stehe Deutschland im Widerspruch zu seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen, wonach Minderheiten ihre eigenen Vertretungsstrukturen wirksam und institutionell abgesichert ausüben können müssen.
Das Parlament sieht sich in diesem Punkt wegen eines Urteils des Verwaltungsgerichtes Dresden bestätigt - auch wenn es im eigentlichen Verfahren unterlag. Das Gericht habe festgestellt hat, dass es keine Finanzierungsgrundlage für eine eigenständige Politik des sorbischen Volkes gebe, erklärte der Sejm am Tag danach. Damit hätten auch die Förderungen für den Bund der Sorben (Domowina) keine Rechtsgrundlage. Denn die Domowina verstehe sich als politische Interessenvertretung.
Gericht entschied nicht zugunsten des Sorben-Parlamentes
Nach dem Urteil der 7. Kammer des Dresdner Verwaltungsgerichtes ist die Stiftung des Sorbischen Volkes nicht verpflichtet, dem Förderverein des Serbski Sejm jährliche Fördermittel von etwa 495.000 Euro für die Errichtung einer Geschäftsstelle zu bewilligen (Az. 7 K 935/22). Das Gericht wies die Klage des Fördervereins gegen die Ablehnung eines entsprechenden Antrags ab.
Der Serbski Sejm hatte die Stiftung verklagt, weil diese Fördermittel für das Parlament ablehnte. Die Stiftung hatte darauf verwiesen, dass eine Förderung nur für Zwecke der Sprache, Kunst und Kultur der Sorben möglich sei. Die vom Parlament angestrebte politische Interessenvertretung sei davon nicht erfasst. Der Serbski Sejm sah die Ablehnung nicht hinreichend begründet und zog deshalb vor das Verwaltungsgericht.
Gericht sah keinen Anspruch auf neue Förderentscheidung für Sejm
Doch die Richter in Dresden vermochten der Auffassung des Parlamentes nicht zu folgen und sahen keinen Anspruch auf eine erneute Entscheidung zum Förderantrag. Die Stiftung könne sich zu Recht darauf berufen, dass der beabsichtige Fördergegenstand nicht von ihrer Förderrichtlinie umfasst und auch nicht vom Stiftungszweck gedeckt sei, hieß es.
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"Das Verwaltungsgericht Dresden hat klargestellt: Für die politische Vertretung des sorbischen Volkes gibt es in Deutschland keine gesetzliche Grundlage und keine Fördermöglichkeiten", schlussfolgerte der Sejm. Die Domowina sei in ihrer Rechtsform als gemeinnütziger Verein nicht in der Lage, eine politische Vertretung auszuüben: "Der Staat behandelt die Domowina als politische Vertretung, obwohl sie keine sein darf und keine sein kann."
Das Sorbisches Parlament hatte sich 2018 konstituiert. Es strebt eine kulturelle Autonomie bei Bildung und Kultur an. Bei der ersten Wahl ließen sich seinerzeit nur knapp 1.300 Wählerinnen und Wähler registrieren, bei der zweiten Parlamentswahl im März dieses Jahres waren es rund 1.000. Das weckte mancherorts Zweifel an der Legitimität des Parlamentes. In Sachsen und Brandenburg leben etwa 60.000 Sorben und Wenden.