Magdeburg Keine Genehmigung für Weihnachtsmarkt: Kritik an Behörde

Schon seit Ende Oktober stehen die ersten Buden auf dem Alten Markt vor dem Magdeburger Rathaus. (Archivbild) Foto: Klaus-Dietma
Schon seit Ende Oktober stehen die ersten Buden auf dem Alten Markt vor dem Magdeburger Rathaus. (Archivbild) Foto
© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
An dem Tag, an dem der Prozess zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt beginnt, entscheidet die Stadt: Vorerst gibt es keine Genehmigung für den Weihnachtsmarkt. Das stößt auf Kritik.

Ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes, in dem zahlreiche Mängel und Bedenken zum Sicherheitskonzept des diesjährigen Magdeburger Weihnachtsmarktes aufgeführt werden, hat in der Stadtverwaltung für scharfe Kritik gesorgt. "Alle Experten sind sich einig, dass konkrete Terrorabwehr eine staatliche Aufgabe ist, für die nicht der Veranstalter eines Weihnachtsmarktes verantwortlich sein kann", sagte Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) nach einer Sondersitzung des Stadtrates. Selbst die Polizei habe am vergangenen Freitag schriftlich mitgeteilt, dass die Verfolgung von Straftaten und die Abwehr konkreter Gefahren eine staatliche Aufgabe ist.

Die Oberbürgermeisterin informierte den Stadtrat am Abend in nicht-öffentlicher Sitzung darüber, dass der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr vorerst nicht genehmigt werden könne. Bereits seit Ende Oktober werden auf dem Alten Markt vor dem Rathaus die Buden aufgebaut. Vor einer Woche wurde auch der 14 Meter hohe Weihnachtsbaum aufgestellt. Eigentlich soll der Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. November eröffnet werden.

Verwaltungsamt sieht gravierende Mängel im Sicherheitskonzept

Hintergrund der möglichen Absage ist ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes, das am vergangenen Freitag an die Stadt geschickt wurde. Darin werden unter anderem die Zufahrtssicherung und die Organisation der Sicherheitskräfte bemängelt. Es könne daher keine Zustimmung zum Sicherheitskonzept geben, heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zudem verkenne die Weihnachtsmarkt GmbH als Veranstalterin vollkommen die mit der Durchführung verbundenen Pflichten.

Die vorläufige Entscheidung der Stadt kommt genau an dem Tag, an dem am Magdeburger Landgericht der Prozess gegen den Attentäter vom vergangenen Jahr begonnen hat. Seit Montag muss sich Taleb al-Abdulmohsen wegen sechsfachen Mordes und versuchten Mordes an weiteren 338 Menschen verantworten.

Stadt hat andere Rechtsauffassung

An der Auffassung des Landesverwaltungsamtes übten sowohl Parteien als auch die Oberbürgermeisterin scharfe Kritik. Die Weihnachtsmarktgesellschaft sei bereit, viele Hinweise in das Sicherheitskonzept zu integrieren, lehne aber auch einige der vom Land geforderten Maßnahmen ab, betonte Borris. "Trotz der gegenteiligen Rechtsauffassung, die wir gegenüber dem Landesverwaltungsamt in dieser Frage haben, wird die Landeshauptstadt aufgrund der Weisung des Amtes vorerst keine Genehmigung für den diesjährigen Weihnachtsmarkt erteilen können." Es sei jedoch ihre Hoffnung, dass der Magdeburger Weihnachtsmarkt in diesem Jahr durch eine Bündelung aller Kräfte dennoch stattfinden könne.

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Fraktionen im Stadtrat richteten ihre Kritik an Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU). "Die Gesamtsituation zeigt deutlich das Vollversagen von Innenministerin Zieschang, Verantwortung zu übernehmen", teilten die Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion mit. Hier werde eine nicht nachvollziehbare Sonderstellung für Magdeburg geschaffen.

Das Landesverwaltungsamt teilte auf Anfrage mit, das Sicherheitskonzept auf Bitten der Stadt Magdeburg geprüft zu haben. Die fachaufsichtlichen Hinweise sollten dem Veranstalter und der Stadt die Möglichkeit geben, offene Aspekte nachzubessern. Um die Sicherheit des Weihnachtsmarktes nicht zu gefährden, könnten keine weiteren Details bekanntgegeben werden.

Prozess gegen Attentäter hat am Montagmorgen begonnen

Der AfD-Abgeordnete Ronny Kumpf sieht ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht als einzige Option. Das Schreiben sei "unverhältnismäßig und gefährlich für das gesellschaftliche Leben in der Stadt". Die Abwehr allgemeiner Gefahren, etwa durch mögliche Anschläge, sei Aufgabe der Sicherheitsbehörden und nicht privater Veranstalter. Das Innenministerium versuche offenbar, die Verantwortung für die öffentliche Sicherheit den Veranstaltern zuzuschieben.

Vor fast einem Jahr war ein Attentäter mit einem 340 PS starken Mietwagen über den Weihnachtsmarkt gefahren und hatte sechs Menschen getötet und rund 300 zum Teil schwer verletzt. Am Montag begann in Magdeburg der Prozess gegen den Angeklagten aus Saudi-Arabien.

dpa