Prozesse Zu schnell und auf Droge – Vater rast Sohn in den Tod

Der Vater muss sich am Amtsgericht unter anderem wegen fahrlässiger Tötung verantworten. (Symbolbild) Foto: Hendrik Schmidt/dpa-
Der Vater muss sich am Amtsgericht unter anderem wegen fahrlässiger Tötung verantworten. (Symbolbild) Foto
© Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa
Einen Tag vor Weihnachten starb im vergangenen Jahr ein 10 Jahre alter Junge bei einem Verkehrsunfall. Verantwortlich dafür ist nach Ansicht des Gerichts sein Vater. Dafür soll er nun ins Gefängnis.

Ein Mann, der für den Unfalltod seines Sohnes verantwortlich ist, ist vor dem Amtsgericht in Merseburg zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. "Sie haben extrem was falsch gemacht, indem sie 230 gefahren sind – bei Regen und in der Dunkelheit", sagte der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts. Der Maurer sei wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen zu verurteilen.

Einen Tag vor Weihnachten war der 46-Jährige mit 175 Kilometern pro Stunde in ein Stauende auf der Autobahn 9 im Saalekreis gerast. Bei dem Unfall starb der zehnjährige Sohn des Mannes, die Eltern des Kindes wurden leicht verletzt.

Berauscht im Sportwagen unterwegs

Der Junge saß demnach ohne Kindersitz, den er eigentlich noch benötigte, auf dem Beifahrersitz des Sportwagens der Familie. Im Blut des Vaters waren später im Krankenhaus Rückstände von Crystal Meth gefunden worden. Unklar blieb, ob er dadurch fahruntüchtig war. Gegen das Urteil können binnen einer Woche Berufung und Revision eingelegt werden.

Experten hatten auslesen können, dass der Mann vor dem Unfall streckenweise mit 230 Kilometern pro Stunde gefahren war. "Das war kein Sekundenversagen", sagte der Richter. Das Urteil sieht auch vor, dass dem Mann der Führerschein entzogen wird. In den nächsten fünf Jahren soll er keine neue Fahrerlaubnis bekommen.

Vor dem Unfall, bei dem das Kind verstarb, hatte es auf der Gegenfahrbahn bereits einen anderen Unfall auf der Autobahn zwischen dem Kreuz Rippachtal und der Anschlussstelle Bad Dürrenberg gegeben. Wegen der Vollsperrung war in beide Richtungen Stau entstanden. Die Fahrbahn war teilweise gesperrt worden. Bei dem Unfall war den Angaben der Staatsanwaltschaft nach ein Schaden von 140.000 Euro entstanden.

Ähnliches Vergehen vor über zwanzig Jahren

Bei der Findung eines angemessenen Urteils wurde dem Gericht nach auch berücksichtigt, welche tragischen Auswirkungen das "schlimme Unglück" auf das Leben des Unfallverursachers hat, sagte der Richter. Der Mann hatte schon einmal nach einem Unfall vor Gericht gestanden. Vor über zwanzig Jahren war er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden, weil er – unter Rauschmitteln stehend – einen betrunkenen Fahrradfahrer mit seinem Auto erfasst hatte. Der Mann war damals noch an der Unfallstelle verstorben.

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"Das Bewusstsein dafür, dass Autos Waffen sein können und das man deshalb verantwortungsvoll damit umgeht, ist bei Ihnen nicht da", sagte der Richter. Auch deshalb sei die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden. Dem Gericht zufolge hat der Mann in der Vergangenheit auch schon andere Haftstrafen abgesessen.

Anwalt des Vaters: "Hätte uns allen passieren können"

Die Staatsanwaltschaft hatte zum Ende des Prozesses eine Freiheitsstrafe von drei Jahren beantragt. Der Angeklagte sei an einer Absperrung der Autobahnmeisterei vorbeigefahren, sagte der Staatsanwalt. Unklar bleibe, ob der Mann durch Drogen fahruntüchtig gewesen war. Während der Verhandlung sei jedoch deutlich geworden, dass der Mann "nicht fähig und im Stand ist, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen."

Der Anwalt des Maurers hatte für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung plädiert. Zwar sei es gefährlich, so schnell zu fahren, jedoch nicht verboten, betonte er. Der Unfall sei etwas, "was uns allen hätte passieren können", so der Anwalt. 

Ihm zufolge seien auch zum Ende der Verhandlung große Teile des Sachverhaltes nicht ausreichend geprüft worden. So bleibe etwa unklar, ob es die Absperrung wirklich gegeben hat, die sein Mandant übersehen haben soll. "Der Sohn meines Mandanten wird nicht dadurch lebendig, in dem er ins Gefängnis gesteckt wird", sagte der Anwalt.

Mutter des Kindes schrie laut

Während der Verhandlung sagten mehrere Zeugen aus. Eine Seniorin berichtete etwa, die Mutter des Kindes sei nach dem Unfall schreiend über die Fahrbahn gelaufen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft befindet sie sich derzeit in der Psychiatrie. Im Zuge des Prozesses war sie als Zeugin geladen worden, kam jedoch nicht. Der 46 Jahre alte Angeklagte ließ über seinen Anwalt ausrichten, dass ihm das Geschehene leidtue.

dpa