Nach zwanzig Jahren wird die Dauerausstellung des Erinnerungsortes Topf & Söhne in Erfurt aktuell umfassend überarbeitet. Sie soll Ende Januar wiedereröffnet werden. Dafür investieren die Ausstellungsmacher nach Angaben von Leiterin Annegret Schüle etwa 100.000 Euro, die aus verschiedenen Geldquellen stammen. Für die Zeit der Umgestaltung wurde die Ausstellung bereits im Oktober geschlossen.
Ofenbauer von Auschwitz
Am Erinnerungsort Topf & Söhne wird im Kern die Geschichte der gleichnamigen Erfurter Firma und ihrer Mitarbeiter erzählt, die während der Zeit des Nationalsozialismus unter anderem die Verbrennungsöfen für das Vernichtungslager Auschwitz bauten. Das geschah nicht unter Zwang. Die Firma und viele ihre Mitarbeiter waren stolz darauf, mit ihrem Erfindergeist und ihrer Tüchtigkeit einen Beitrag zur Durchsetzung einer menschenverachtenden Ideologie zu leisten.
Im Jahr 1942 reichte die Firma auf Initiative eines ihrer Ingenieure einen Patentantrag für einen "kontinuierlich arbeitenden Leichenverbrennungsofen für Massenbetrieb" ein – im Wissen darum, wie in Auschwitz Menschen ermordet wurden. Bald darauf wurde die in Erfurt erfundene Technik dann in Auschwitz eingesetzt.
Öfen auch für Euthanasie-Verbrechen genutzt
Schüle sagte, im Rahmen der Überarbeitung der Dauerausstellung solle unter anderem gezeigt werden, dass die Verbrennungsöfen von Topf & Söhne auch für die Euthanasie-Verbrechen der Nationalsozialisten genutzt wurden. "Es hat 1940 begonnen und Topf & Söhne war 1940 dabei", sagte sie. So sei ein Ofen der Firma beispielsweise in der Euthanasie-Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel eingesetzt worden.
Auch würden in Zukunft die Täter noch näher beschrieben, die sich in ihrem beruflichen Alltag an einem Menschheitsverbrechen beteiligt hätten, wie etwa eine Schreibkraft der Firma, die alle wichtigen Dokumente des Unternehmens abgetippt habe. "Sie war Mitwisserin, ganz klar", sagte Schüle.
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Überarbeitung von Schulmaterialien
Parallel zur Ausstellungsüberarbeitung würden auch die Materialien neu gestaltet, mit denen die Schüler arbeiten, wenn sie das ehemalige Firmengelände besuchen, sagte die Gedenkstättenpädagogin Rebekka Schubert.
Nach ihren Angaben gab es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Vorkommnisse, bei denen rechtsoffene oder rechtsextrem gesinnte Schüler beim Besuch des Ortes zum Beispiel geklatscht oder gelacht hätten, als es etwa um die Verbrennungskapazität der Öfen gegangen sei. Teilweise hätten Jugendliche auch die Authentizität der präsentierten Dokumente angezweifelt oder offenes Desinteresse am Thema der Dauerausstellung gezeigt.
Vorkommnisse mit Schülern auch während Seminaren
Gleichzeitig komme es inzwischen auch während Seminaren für Schulen im Erinnerungsort immer häufiger vor, dass Jugendliche durch rechtsoffene oder rechtsextreme Bemerkungen auffielen. Auf diese Entwicklung müsse der Erinnerungsort auch im Rahmen der Überarbeitung der Dauerausstellung reagieren, sagte Schüle.
So sollten vor allem junge Menschen dazu ermutigt werden, sich aktiv gegen rechtsextremen Parolen etwa auf dem Schulhof oder im Klassenzimmer zu wenden. "Auf jeden Fall widersprechen, nicht stehen lassen", betonte Schüle. Bei den Seminaren für Schulen würden die pädagogischen Mitarbeiter genau das in Zukunft auch noch stärker als in der Vergangenheit tun. Sie wollten Schülern, die demokratisch gesinnt seien, so ein Vorbild sein.
Für die Überarbeitung der Ausstellung waren etwa 30.000 Euro an Spenden zusammengekommen. Die Bethe-Stiftung stockte diese Summe um 20.000 Euro auf. Ein Förderschwerpunkt der Stiftung ist die Erinnerungskultur. Auch Eigenmittel des Erinnerungsortes fließen in das Budget mit ein.