Schluss mit “Null-Bock”: Die Jugendlichen in Deutschland blicken wieder optimistischer in die Zukunft: Sie lassen sich weder durch die Wirtschaftskrise noch durch unsichere Berufsperspektiven von ihrer Zuversicht abbringen. Das geht aus der Shell-Jugendstudie 2010 hervor, die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) gemeinsam mit dem Sozialwissenschaftler Mathias Albert am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Die Grundaussage der Studie: Deutschlands Jugendliche sind sozial engagierter, optimistischer, noch stärker interessiert an der eigenen Familie und politisch noch interessierter als vor vier Jahren. Blickten 2006 nur 50 Prozent der Jugendlichen optimistisch in ihre Zukunft, sind es heute 59 Prozent. Nur sieben Prozent sehen ihre Zukunft eher düster.
Soziale Kluft wird größer
Also alles bestens? Nicht ganz. Denn die Studie kommt auch zu dem Schluss, dass die Schere zwischen den sozialen Milieus immer weiter auseinanderklafft. Ob Politikinteresse, Bildungschancen oder soziales Engagement: Die 12-bis 25-Jährigen aus sozial benachteiligten Familien zeigen in allen Bereichen deutlich weniger Zuversicht. Während insgesamt fast drei Viertel der 2500 Befragten zufrieden mit ihrem Leben sind, äußern sich nur 40 Prozent der Jugendlichen aus der "Unterschicht" positiv.
Nur noch ein Drittel (33 Prozent) blickt optimistisch in die eigene Zukunft. Und nur 41 Prozent glauben, sich ihre beruflichen Wünsche erfüllen zu können. Selbst mit Blick auf die Religion gehen die Vorstellung der in Deutschland lebenden Jugendlichen weit auseinander. Mittlerweile ist Gott nur noch für 44 Prozent der katholischen Jugendlichen wichtig. Völlig anders sieht es bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund aus: Im Gegensatz zu ihren deutschen Freunden haben sie einen starken Bezug zur Religion, der sogar noch zugenommen hat.
Jugend 2010
Die Shell-Untersuchung wurde gemeinsam von den Bielefelder Sozialwissenschaftlern Professor Dr. Mathias Albert, Professor Dr. Klaus Hurrelmann und Dr. Gudrun Quenzel und einem Expertenteam des Münchner Forschungsinstituts TNS Infratest Sozialforschung unter Leitung von Ulrich Schneekloth verfasst. Für die Studie wurden Anfang des Jahres mehr als 2500 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren zu ihrer Lebenssituation, ihren Glaubens- und Wertvorstellungen sowie ihrer Einstellung zur Politik befragt.
Jugendliche werden sozialer
Wieder gestiegen ist im Vergleich zu 2006 der Wunsch nach eigenen Kindern. 69 Prozent der Jugendlichen wünschen sich Nachwuchs. Was kaum verwundert: Junge Frauen stehen dem mit 73 Prozent (plus vier Prozentpunkte) aufgeschlossener gegenüber als junge Männer, von denen sich 65 Prozent später Kinder vorstellen können (plus neun Prozentpunkte). Auch das Interesse an Politik zieht wieder leicht an: 40 Prozent der 15- bis 24-Jährigen verfolgen das politische Geschehen. 2006 waren dies 39 Prozent und 2002 sogar nur 34 Prozent. Im Vergleich zu den Vorjahren sind auch immer mehr Jugendliche sozial engagiert. 39 Prozent setzen sich häufig für soziale oder gesellschaftliche Belange ein. 70 Prozent meinen, man müsse sich gegen Missstände in Arbeitswelt und Gesellschaft zur Wehr setzen.
Bei der Bewertung der Jobaussichten sieht die Studie im Vergleich zur Erhebung vor vier Jahren eine positive Trendwende. Angesichts der Entspannung auf dem Arbeitsmarkt geben sich die Auszubildenden wieder optimistischer. 76 Prozent glauben, nach der Ausbildung übernommen zu werden. 71 Prozent der Jugendlichen sind zudem überzeugt, sich ihre beruflichen Wünsche erfüllen zu können. Doch auch hier zeigt sich eine soziale Kluft. Bei den Jugendlichen aus sozial schwierigen Verhältnissen sind sich nur 41 Prozent sicher, dass sich ihre Berufswünsche erfüllen.
Bildung als Schlüssel zum Erfolg
Laut Studie bleiben Bildung und Schulabschluss der Schlüssel zum Erfolg. Junge Leute ohne Schulabschluss finden seltener eine qualifizierte Arbeit oder eine Ausbildung. Entsprechend pessimistisch blicken Jugendliche, die sich unsicher sind, ihren Schulabschluss zu erreichen, auch in die Zukunft. Laut Schröder bestätigt die Studie, dass die frühkindliche Bildung "der Grundstein für Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten" ist. Dies gelte ganz besonders für Kinder aus sozial schwächeren Familien. "Nur wenn alle Kinder und Jugendlichen faire Chancen haben, können sie ihr volles Potenzial entfalten, ihren eigenen Weg gehen und gleichzeitig gesellschaftliche Verantwortung übernehmen", erklärte die Familienministerin. Eine Priorität bei der frühkindlichen Bildung habe das Erlernen der deutschen Sprache. Der Bund werde deshalb dafür von 2011 bis 2014 zusätzlich rund 400 Millionen Euro in 4000 "Brennpunkt-Kitas" bereitstellen.