In einer bewegenden Zeremonie haben 10.000 Menschen aus aller Welt im Burgund Abschied von dem vor einer Woche getöteten Taizé-Gründer Frère Roger genommen. Kirchenvertreter und großteils jüngere Gläubige gedachten des äußerst geschätzten und charismatischen Geistlichen, den eine vermutlich geistesgestörte Rumänin vor einer Woche beim Gebet in der Kirche der ökumenischen Bewegung erstochen hatte. Bundespräsident Horst Köhler nahm als ranghöchster Politiker an den Trauerfeierlichkeiten für den 90-jährig gestorbenen Roger in Taizé teil. Zahlreiche Menschen zündeten auch im Münchner Liebfrauendom zum Gedenken an den toten Prior Kerzen an.
"Ich bin hierher gekommen, um mitzutrauern, weil der Tod von Frère Roger große Bestürzung ausgelöst hat", sagte Köhler vor der Zeremonie der dpa in Taizé. "Ich bin aber auch gekommen, um die Gemeinschaft von Taizé in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen, denn sie baut Grenzen ab zwischen den Menschen, und das brauchen wir in der heutigen Welt."
Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) war der Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber zur Beisetzung des Protestanten Roger gekommen, der eine lange und enge Beziehung zu Deutschland hatte und auch einen deutschen Nachfolger auswählte.
Mehrsprachige Zeremonie
In einer Atmosphäre tiefster Andacht leitete Kardinal Walter Kasper, Vertreter des Vatikan, die mehrsprachige Zeremonie. Er würdigte Frère Roger, "der mit seiner Gegenwart, seinem Wort und seinem Beispiel einen Strahl der Liebe und der Hoffnung verbreitet hat, weit über die Grenzen und Spaltungen dieser Welt hinaus".
Weil die schlicht mit Blumen und religiösen Bildnissen geschmückte Versöhnungs-Kirche nicht alle angereisten Trauernden und Gläubigen fassen konnte, war unterhalb des überfüllten Gotteshauses eine Großleinwand aufgestellt worden. 90 Frères hatten in den Reihen Platz genommen, als fünf Mitglieder der Gemeinschaft den einfachen Sarg aus hellem Holz in die Kirche trugen. Fernsehanstalten aus sieben Ländern übertrugen die Trauerfeier.
Roger sollte nach der Feier auf dem kleinen Friedhof von Taizé beigesetzt werden. Sein Nachfolger ist der deutsche Bruder Alois (51), der das Werk des Gründers der ökumenischen Gemeinschaft fortsetzt. Ihn hatte Frère Roger bereits vor acht Jahren zum neuen Prior bestimmt. Der mutmaßlichen Täterin droht eine lebenslange Haftstrafe. "Vater, verzeih ihr", sagte Alois.