Sexuelle Gewalt Andreas Huckele wurde an der Odenwaldschule missbraucht: "Es ging um pure, nackte Gewalt, nicht um Sexualität"

Andreas Huckele bei Frankfurt am Main, wo er lebt. Er hatte 1999 als Erster die Zustände an der Odenwaldschule öffentlich gemacht. Sein Leben wird nun in einer TV-Dokumentation nachgezeichnet
Andreas Huckele bei Frankfurt am Main, wo er lebt. Er hatte 1999 als Erster die Zustände an der Odenwaldschule öffentlich gemacht. Sein Leben wird nun in einer TV-Dokumentation nachgezeichnet
© Felix Schmitt
Als Junge wurde Andreas Huckele über Jahre vom Leiter der Odenwaldschule missbraucht. Seine Geschichte handelt vom Leben mit dem Trauma.

Herr Huckele, wollten Sie schon einmal jemanden töten?
Es gab eine Zeit, da hatte ich eine Fantasie, die immer wiederkam: Ich nehme eine Eisenkette und schnappe mir den Mann, der mich missbraucht hat. Dann wickele ich ihm die Kette um Schwanz und Eier und zerre ihn nackt durch die Stadt. Ich wollte ihn nicht töten, aber ich hätte ihn gern fühlen lassen, wie es ist, einem anderen Menschen auf so beschämende Weise ohnmächtig ausgeliefert zu sein.

Sie waren 13, als Sie Opfer sexueller Gewalt wurden – in einer Bildungseinrichtung, die später für den systematischen Missbrauch von Schülern stehen sollte wie kaum eine andere in Deutschland. Wie kamen Sie in die Odenwaldschule?
Ich lebte damals bei meiner Mutter in Darmstadt und besuchte das Gymnasium. Als sich meine Noten verschlechterten und ich nicht mehr gern zur Schule ging, schlug mein Vater die Odenwaldschule vor. Die hatte einen guten Ruf als Reformschule, man konnte dort auch eine Ausbildung machen zum Schreiner oder Schlosser.

Erschienen in stern 28/2023