Wenn Kathrin (Anm. d. Red.: Name geändert) die Tür ihres Klassenzimmers hinter sich zuzieht, dann müsse sie erstmal tief durchatmen, erzählt sie übers Telefon. Fünf Tage die Woche ist sie Lehrerin an einer Grundschule in Sachsen-Anhalt. Gerade jetzt, so kurz vor den Sommerferien, sei die Lautstärke nur schwer auszuhalten. "Man sagt ja nicht nur einmal, dass die Kinder leiser werden sollen. Man sagt das immer und immer wieder, bis die Stunde vorbei ist." Zuhause dann wolle sie erstmal nichts hören, nichts sehen, nicht reden.
Kathrin macht ihren Job gern, trotz der hohen Belastung. Vor rund einem Jahr sei sie aber an eine Grenze gestoßen: Das Bildungsministerium in Sachsen-Anhalt verkündete Anfang des Jahres 2023, dass alle Lehrkräfte eine zusätzliche Stunde die Woche unterrichten müssen – die sogenannte Vorgriffsstunde. Eine Maßnahme des Ministeriums gegen den akuten Lehrkräftemangel im Bundesland. Ausgenommen davon sind nur Lehrkräfte über 62 Jahre und befristet Angestellte. Kathrin allerdings ist erst 34 Jahre alt und fest an ihrer Schule. Das heißt: 28 statt 27 Stunden vor der Klasse stehen.