Willy-Brandt-Sohn Peter Brandt "Mein Vater war kein Familienmensch"

Im Dezember würde Willy Brandt seinen 100. Geburtstag feiern. Im stern spricht sein Sohn Peter über den Vater, der große Gefühle wecken konnte, seinen eigenen aber lieber verbarg.

Willy Brandt war ein Jahrhundert-Politiker – ein einfacher Mensch war er nicht. Sein ältester Sohn Peter Brandt, Professor für Neuere Geschichte an der Fernuniversität Hagen, hat jetzt mit dem stern über den Politiker und Privatmann Willy Brandt gesprochen. "Mein Vater war kein Familienmensch", erinnert er sich. "Keiner, der 24 Stunden am Tag überlegt hat, was gut für Frau und Kinder ist."

Brandt war der erste sozialdemokratische Kanzler der Bundesrepublik. Der Mann, der "mehr Demokratie wagen" wollte. Der gegen gewaltige Widerstände eine neue Ostpolitik durchsetzte. Ein Charismatiker, der bei vielen die ganz großen Gefühle wecken konnte – der seine eigenen jedoch lieber verbarg.

Das Gespräch mit Peter Brandt...

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"Er konnte ein sehr zugewandter Mensch sein", sagt Peter Brandt. "Aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ich glaube, es ist ihm nicht klar gewesen, dass eine Beziehung und auch eine Freundschaft richtig Arbeit sind – dass man da etwas investieren muss. Die persönliche Auseinandersetzung war nicht unbedingt das, was er forciert hat. Und zwar nicht nur im Sinne von Streit, sondern im Sinne des Sich-miteinander-Befassens."

Depressiv sei sein Vater entgegen einigen Spekulationen nicht gewesen, so Brandt. "Depression ist eine schwere Krankheit. Wer die hat, kann nicht so einen Job machen, wie mein Vater ihn gemacht hat. Wir reden also über depressive Verstimmungen oder melancholische Neigungen, gelegentliche Niedergeschlagenheit. Da gab es sicher Tendenzen bei ihm."

Auch an Günter Guillaume erinnert sich Peter Brandt im stern-Gespräch. Er hatte den DDR-Spion, über den sein Vater 1974 stürzen sollte, flüchtig kennengelernt. "Das war so ein hemdärmeliger Typ", sagt Brandt. Und: "Ich fand ihn, ehrlich gesagt, gar nicht unsympathisch."