Mutmacher "Ein strahlendes Licht in diesen Tagen" – sechs Geschichten von Menschen, die sich nach einem Verlust zurück ins Leben gekämpft haben

Lukas Onken
"Darüber sprechen hilft sehr" sagt Lukas Onken
© Miriam Stanke
Sechs Menschen haben dem stern von einem großen Verlust erzählt – und wie sie wieder neue Hoffnung geschöpft haben. Das sind ihre Geschichten.–

Nach dem Tod seines ungeborenen Kindes teilt Lukas Onken, 38, seine Trauer mit anderen Vätern
Meistens kommt die Trauer, wenn ich allein bin. Ich spüre sie in meiner Brust. Manchmal verzieht sie sich schnell wieder, und manchmal verwandelt sich in Wut und Ohnmacht.

Jakob* (* Name von der Redaktion geändert), unser jüngstes Kind, ist im Sommer in der 19. Schwangerschaftswoche gestorben. Als meine Frau vom Ultraschalltermin nach Hause kam und mir erzählte, dass sein Herz nicht mehr schlägt, wurde meins schwer getroffen. Ich war überrascht, wie weh es mir tat. Draußen hat es gewittert und gestürmt. Es war eine unwirkliche Situation. 

Ich habe dann gleich bei meiner Arbeit Bescheid gegeben, mich krankgemeldet und war mehrere Wochen krankgeschrieben. Obwohl ich große Sorge hatte, dass man mich deswegen für schwach hält. Ich dachte, dass andere vielleicht denken: "Ist doch nur eine Fehlgeburt! Das passiert doch ständig!" 

In den nächsten Wochen gab es viel zu organisieren, und der Alltag mit unseren beiden ersten Kindern, die 8 und 6 sind, ging weiter. In diesem Alltagstrubel fiel es mir sehr schwer, mit der Trauer, Wut und Ohnmacht umzugehen, die mit Jakobs Tod verbunden waren. Es hat mich überfordert, all diese Gefühle wahrzunehmen und auszuhalten. Vor allem uns Männern fällt das häufig sehr schwer. Wir denken oft, wir müssten stark sein, die Familie versorgen, schalten dann in den Funktionier-Modus und verdrängen unsere Emotionen.

Erschienen in stern 52/2023