Wissenschaftler um Per Fagerholm von der Universität in Linköping haben eine Hornhaut aus biosynthetischem Material entwickelt, die Menschen mit Augenerkrankungen helfen soll. Die Forscher glauben, mit dem Implantat eine echte Alternative zur Hornhauttransplantation gefunden zu haben, die allzu häufig am Spendermangel scheitert. Das Verfahren eignet sich nach den ersten Ergebnissen einer kleinen klinischen Pilotstudie mit zehn Teilnehmern sehr gut als Ersatz für geschädigte oder verletzte Hornhäute.
So war das biosynthetische Gewebe bei allen Probanden zwei Jahre nach der Operation vollständig ins Auge integriert, funktionsfähig und sogar berührungsempfindlich, schreiben die Forscher im Fachblatt "Science Translational Medicine". Die Sehfähigkeit verbesserte sich zwar nicht ganz so stark wie nach der Transplantation einer Spender-Hornhaut, das künstliche Material habe aber den Vorteil, keine Abstoßungsreaktionen hervorzurufen.
Neue Hornhaut bildet sich
Die durchsichtige Hornhaut überzieht die Oberfläche des Augapfels, ist im Zentrum nur ungefähr einen halben Millimeter dick und für die Lichtbrechung eines der wichtigsten Teile unseres Auges. Ist die Hornhaut beschädigt oder getrübt, hat dies schwerwiegende Folgen und kann im schlimmsten Fall zu Blindheit führen. Behandelt werden solche Schädigungen in der Regel, indem Betroffenen die Hornhaut eines Toten transplantiert wird. Jährlich werden in Deutschland zwischen 4000 und 5000 solcher Transplantationen durchgeführt. Der Bedarf ist aber noch viel höher.
Als Alternative bieten sich neben Hornhäuten aus Kunststoff auch synthetische Biomaterialien an, wie sie jetzt von Fagerholm und seinen Kollegen eingesetzt wurden. Die Idee dahinter: Der größte Teil der natürlichen Hornhaut besteht aus gitterartig vernetzten Kollagenfasern, die oben und unten von jeweils einer Zellschicht bedeckt sind. Entfernt man nun die beschädigte Hornhaut und ersetzt den kollagenhaltigen Anteil durch ein synthetisches Pendant, sollte das Auge beginnen, die zellhaltigen Bereiche rund um das Implantat wiederaufzubauen und so eine neue Hornhaut zu bilden.
Immunsystem muss nicht unterdrückt werden
Genau das sei bei den ersten zehn Empfängern eines solchen Kollagenimplantats zu beobachten gewesen, berichten die Forscher. Bei neun von ihnen wuchsen sogar die bei der Operation durchtrennten Nerven in das neue Gewebe ein und machten die Hornhaut berührungsempfindlich. Bei sechs der Probanden verbesserte sich zudem die Sehfähigkeit messbar. Lediglich bei zwei war eine Verschlechterung festzustellen, die aber durch Kontaktlinsen ausgeglichen werden konnte. Noch bessere Ergebnisse könnten erzielt werden, wenn bei der Operation keine Nähte, sondern beispielsweise ein biologischer Klebstoff zum Einsatz käme, schreiben die Forscher. Denn die Nähte verzögerten das Einwachsen des Implantats und beeinträchtigten dadurch die Heilung. Ansonsten sei das Ergebnis durchaus vergleichbar mit dem nach einer Hornhauttransplantation.
Tatsächlich habe das neue Implantat sogar Vorteile: Es gebe keine Gefahr einer Übertragung von Krankheitserregern, und die Notwendigkeit einer Unterdrückung des Immunsystems entfalle. Die Wissenschaftler wollen ihr Gewebe jetzt weiter optimieren und unter anderem stabiler machen.