Wann sollte eine Frau ihr Brustkrebsrisiko bestimmen lassen?
Das ist abhängig von ihrer familiären Vorbelastung: Wenn ihre Mutter vor dem 50. Lebensjahr an Brustkrebs erkrankt ist, ist das Risiko stark erhöht. Wenn auch die Großmutter erkrankt ist, kann es sogar 50 Prozent betragen. Wichtig ist dabei, nicht nur in der Verwandtschaft der Mutter zu suchen, sondern auch in der des Vaters. Denn Genveränderungen können von beiden Seiten vererbt werden. Grundsätzlich gilt: Je mehr Brustkrebserkrankungen in der Familie, desto höher das Risiko für die Frau.
Wie häufig ist denn familiär bedingter Brustkrebs?
Die Rate beträgt etwa fünf bis zehn Prozent. Bei der Hälfte dieser familiär gehäuften Fälle wissen wir, dass bestimmte Genmutationen eine Rolle spielen. Von den rund 50.000 Frauen, die jährlich in Deutschland an Brustkrebs erkranken, leiden 2500 bis 5000 Patienten an der erblichen Form von Brustkrebs, wobei die Hälfte von ihnen aufgrund einer Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 erkranken. BRCA steht dabei für "breast cancer", also Brustkrebs.
Was weiß man heute über diese beiden Gene?
Sie sind die Vorlage für Eiweiße, die Schäden im Erbgut reparieren. Die Bausteine des Erbguts sind im Zellkern wie auf einer Perlenkette aneinandergereiht. Diese kann reißen, wird aber normalerweise gleich repariert. Sind BRCA1 oder 2 jedoch mutiert, fällt die Reparatur aus. Die Schäden werden sogar weitergegeben, wenn sich die Zelle teilt. Dadurch können Tumoren entstehen.
Mehr Infos im Internet
www.krebshilfe.de
Erkrankt denn jede Frau mit einer Mutation in den BRCA-Genen an Brustkrebs?
Jedes Gen liegt im Zellkern ja doppelt vor - eines von der Mutter, eines vom Vater. Vererbt die Mutter der Frau eine Genmutation, der Vater jedoch ein intaktes Gen, bricht meistens kein Brustkrebs aus. Es müssen noch andere, nicht erbliche Faktoren hinzukommen. Und selbst dann werden 40 bis 80 Prozent von ihnen einen Tumor entwickeln - je nachdem, wo die Mutation im Gen liegt.
Was raten Sie Frauen, bei denen eine Genmutation gefunden wird?
Sie sollten dringend an einem Früherkennungsprogramm teilnehmen. Alle sechs Monate wird dabei die Brust mit Ultraschall untersucht, alle zwölf Monate wird das Gewebe mittels Kernspintomografie und Mammografie durchleuchtet. So hoffen wir, Tumoren möglichst frühzeitig zu entdecken. Sie können sich auch für eine Operation entscheiden, die das Risiko für die Entstehung von Brustkrebs mindert. Wir wissen heute, dass die Entfernung der Eierstöcke das Risiko um die Hälfte senkt, die Entfernung der Brüste sogar um 90 Prozent.
Eine recht radikale Methode.
Das ist richtig. Allerdings: Eine Frau, die bei einer Familienangehörigen erleben musste, wie belastend Krankheit und Therapie sein können, wird sich unter Umständen schon dafür entscheiden, ihre Brüste vorsorglich entfernen zu lassen. Die plastische Chirurgie hat so enorme Fortschritte gemacht, dass ein Brustaufbau nach Entfernung des Brustgewebes gut wieder möglich ist.
Was sind sinnvolle Alternativen?
Das Risiko lässt sich auch durch Medikamente senken. Der Wirkstoff Tamoxifen, der bei der hormonsensiblen Form der Erkrankung hilft, scheint bei einer gewissen Anzahl von Frauen die Tumorentstehung zu verhindern. In aktuellen Studien werden auch andere Hormonblocker wie die Aromatasehemmer auf ihre vorbeugende Wirkung hin untersucht.