Am gefürchtetsten ist der Brustkrebs
Die Hormone, die in der Hormonersatztherapie (HET) genutzt werden, sind im Prinzip dieselben, die auch in der »Pille« stecken: Östrogene und Gestagene, die Verwandten des Progesteron. Deutliche Unterschiede bestehen in Dosierung und chemischer Feinstruktur der verwendeten Substanzen. Dennoch fragen sich nach den jüngsten Meldungen über die Gefahren der HET viele jüngere Frauen, ob die Pille gefährlicher sein könnte, als sie bislang vermutet haben - immerhin wird sie oft in jungen Jahren verordnet und jahrzehntelang eingenommen.
Zu den gefürchtetsten möglichen Nebenwirkungen der Pille zählt ihr Einfluss auf das Brustkrebsrisiko. Denn generell gilt: Je länger eine Frau dem Einfluss von Östrogenen ausgesetzt ist, desto größer wird die Gefahr, an diesem Tumor zu erkranken. Theoretisch könnte die Pille also einen schädlichen Beitrag leisten. Doch haben groß angelegte Studien diese Vermutung nicht belegen können: Bereits die 1986 veröffentlichte »Cancer and Steroid Hormone Study« (CASH) fand keinen nennenswerten Zusammenhang zwischen Pilleneinnahme und Brustkrebserkrankungen. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen der erst vergangenen Monat publizierten Studie »Women?s Contraceptive and Reproductive Experiences« (CARE). Dafür wurden 9200 amerikanische Frauen zwischen 35 und 64 Jahren untersucht, von denen rund die Hälfte an Brustkrebs erkrankt ist. Der Pillengebrauch beider Gruppen wurde verglichen, ohne dass sich dabei ein erkennbarer Unterschied ergab. »Insgesamt zeigt sich, dass die Vorzüge der Pille bei Nichtraucherinnen ihre Gefahren bei weitem überwiegen. Diese Studie sollte die Ängste der Frauen in Sachen Brustkrebs dämpfen«, schließt David Fleming, Direktor der US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta, aus den Daten.
Rauchen und Pille zusammen sind gefährlich
Nicht zu rauchen ist für Frauen, die sich für die Pille entscheiden, der wichtigste Ratschlag: Denn das Zusammenwirken von Nikotin und Hormoneinnahme ist sehr gefährlich. Insbesondere die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, steigt dadurch stark an. Östrogene greifen in das Gerinnungssystem des Blutes ein und machen es zähflüssiger. Dadurch können sich leichter Gerinnsel bilden. Gestagene wie Progesteron hingegen wirken auf die Arterien. Diese verengen sich und können daher leichter verstopfen. Nikotin hat den gleichen Effekt. Die Wirkungen addieren sich. Weil die Zigarette der weitaus gefährlichste Faktor in der Kombination ist, wird der Arzt stets versuchen, Frauen vom Rauchen abzubringen. Wie klein die verbleibenden Gefahren sind, zeigt das Beispiel Herzinfarkt: Unter einer Million Nichtraucherinnen, die die Pille einnehmen, treten in einem Jahr drei Fälle durch Nebenwirkungen auf.
Nachdem die Pille Anfang der sechziger Jahre eingeführt worden war, zeigte sich, dass sie insbesondere die Gefahr von Thrombosen mit sich brachte: Blutgerinnsel, die in den Venen entstehen. Schlimmstenfalls können sie sich lösen und zu einer lebensbedrohlichen Lungenembolie führen. Zwar ist die Dosierung heutiger Präparate ungleich niedriger als die der frühen »Hormonbomben«, doch das Thromboserisiko muss noch immer ernst genommen werden. Bei jüngeren Frauen ist die Pille bis heute Thrombose-Auslöser Nummer eins. Wachsamkeit ist insbesondere im ersten Jahr der Anwendung geboten. Pro 1000 Benutzerinnen tritt ein Fall auf, und die Pille muss abgesetzt werden. Wenn in der Familie überdurchschnittlich oft Gefäßerkrankungen auftreten, sind von vornherein alternative Verhütungsmethoden zu empfehlen. Im Übrigen gilt: Durch die pillenbedingt erhöhte Blutgerinnung steigen sämtliche Gefahren ab einem Alter von 35 Jahren stark an - dies wäre also ein guter Zeitpunkt für den Ausstieg.
Pille schützt vor Eierstockkrebs
Als positive Nebenwirkung der Pille gilt eine schützende Wirkung vor Eierstock- und Gebärmutterkrebs. Der Zusammenhang wurde in mehreren Studien festgestellt und hält offenbar 10 bis 15 Jahre über den Lebensabschnitt hinaus an, in dem eine Frau die Pille einnahm. Der genaue Schutzmechanismus ist aber unbekannt, ein letzter Beweis für die Kausalität steht noch aus.
Grundsätzlich sollten auch beim Einsatz von Verhütungshormonen nicht Nebeneffekte den Ausschlag zur Verordnung geben. Ausnahmen sind gut begründbare therapeutische Anwendungen, etwa gegen schwere Akne. Bei der Abwägung von Nutzen und Risiko der hormonellen Verhütung überwiegt die Nutzen-Seite ohnehin: Richtig eingenommen, bietet sie einen deutlich über 99-prozentigen Schutz vor den sozialen und medizinischen Risiken einer ungewollten Schwangerschaft oder Abtreibung.