Risiken Wo Männer schwach sind

Von Beate Wagner und Martin Freiling (Illustration)
Sie sterben früher - und führen bei bestimmten Krankheiten die Statistiken an. Ein Überblick über die Sollbruchstellen und Gesundheitsrisiken.

Genetische Faktoren

Die Erbinformation des Menschen ist in allen Körperzellen grundsätzlich doppelt vorhanden und liegt auf 23 Chromosomenpaaren. Ist ein Gen auf einem Chromosom defekt, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit das paargleiche Gen auf dem zweiten diese Aufgabe übernehmen.

Ausnahme ist das geschlechtsbestimmende Chromosomenpaar des Mannes: Es besteht aus einem X- und einem Y-Chromosom. Das Y-Chromosom ist deutlich kürzer, hat eine andere Struktur und kann daher defekte Gene auf dem X-Chromosom an vielen Stellen nicht ausgleichen. Deshalb sind Männer häufiger von genetisch bedingten Krankheiten wie Rot-Grün-Blindheit oder der Bluterkrankheit betroffen.

Rollenverständnis

Der Mann muss stark sein und darf keine Gefahren scheuen - dieses Bild ist in den Köpfen vieler Männer immer noch verankert. Die Folgen drücken auf die Lebenserwartung: riskante Lebensweise, Raubbau an den eigenen Ressourcen.

Bluthochdruck

Bis zum 50. Lebensjahr haben etwa doppelt so viele Männer wie Frauen Bluthochdruck. Danach gleicht sich das Verhältnis aus. Viele Hypertoniker wissen nicht, dass ihre Werte über der Risikoschwelle von 130 zu 80 mmHg liegen, da ein hoher Blutdruck zunächst oft keine erkennbaren Beschwerden auslöst. Mögliche Langzeitfolgen sind Nierenschäden, Herzversagen und Schlaganfälle

Herzinfarkt

Das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, ist für Männer ab 45 dreimal so hoch wie für Frauen. Der Herzinfarkt und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen unangefochten die "Hitliste" der Todesursachen bei Männern an.

Britische Wissenschaftler der Liverpool John Moores University vermuten, dass die sinkende Pumpleistung dadurch verursacht wird, dass die großen Körperarterien bei Männern mit den Jahren weniger elastisch werden. Das erhöht den Blutdruck.

Prostatakrebs

Jedes Jahr erkranken in Deutschland knapp 40 000 Männer am Prostatakarzinom. Etwa jeder dritte Mann über 50 Jahre hat bereits Krebsnester in der Drüse, bei 80-Jährigen finden die Ärzte sogar bei jedem Zweiten bösartige Zellen. In vielen Fällen ist die Diagnose jedoch ohne gesundheitliche Bedeutung - oft wächst der Krebs so langsam, dass der Patient eher von einem Herzleiden oder Schlaganfall dahingerafft wird.

Das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, ist doppelt so hoch, wenn der Vater oder ein Bruder ebenfalls erkrankt ist. Einige Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass zu fettes und gemüsearmes Essen das Wachstum begünstigen kann. Der regelmäßige Verzehr von Tomaten, grünem Tee und Rotwein (maßvoll!) sowie regelmäßiger Sex sollen dem Prostatakrebs hingegen vorbeugen.

Lungenkrebs

Mit dem Herzinfarkt und der alkoholbedingten Lebererkrankung zählt der bösartige Bronchialtumor zu den häufigsten Todesursachen bei Männern: Fast 30.000 Männer sterben in Deutschland jährlich an Lungenkrebs. Rauchen ist die bei weitem wichtigste Ursache, aber nicht die einzige: Jeder zehnte Patient erkrankt, ohne dass er je geraucht hat.

Im Frühstadium ist ein Bronchialkarzinom vom Arzt kaum zu entdecken, es macht sich auch nur selten durch Symptome bemerkbar. In späteren Stadien ist es kaum mehr zu therapieren: Vor allem bei so genannten kleinzelligen Tumoren, die in 15 Prozent der Fälle auftreten, tendieren die Heilungschancen gegen null.

Schlaganfall

Auch wenn sie manchmal nur zehn Minuten anhalten, sollten Männer Seh- oder Sprachstörungen, eine Schwäche im Arm oder Bein und andere neurologische Ausfälle keinesfalls ignorieren - sie können Hinweise auf einen beginnenden Schlaganfall sein.

Die Hälfte aller Patienten mit solchen, Transistorische Ischämische Attacke (TIA) genannten Vorzeichen ereilt innerhalb von drei Monaten der Schlag. Männer bekommen etwa doppelt so häufig einen Schlaganfall wie Frauen. Die Ursache ist meist Arteriosklerose, bedingt etwa durch Rauchen und zu viel Alkohol.

Hodenkrebs

Für Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren ist der Keimzellentumor die häufigste Krebserkrankung - jedes Jahr wird er bei rund 4000 von ihnen diagnostiziert. Die ersten Anzeichen des bösartigen Tumors werden von mehr als der Hälfte der Betroffenen zunächst verkannt: eine tastbare Verhärtung, uncharakteristische Schmerzen im Hoden oder eine einseitige Vergrößerung.

Unbehandelt führt Hodenkrebs immer zum Tode. Rechtzeitig erkannt und behandelt, kann er jedoch oft selbst in fortgeschrittenem Stadium noch geheilt werden.

Depression

Bis vor wenigen Jahren galt, dass Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Nach neueren Studien leiden jedoch weitaus mehr Männer an Depression als bisher angenommen. Die Seelenkrankheit äußert sich bei ihnen jedoch häufig anders als bei Frauen: Viele zeigen nicht Niedergeschlagenheit oder Antriebslosigkeit, sondern werden wütend oder aggressiv.

Seltener als Frauen gehen depressive Männer zum Arzt - und wenn, dann oft wegen begleitender organischer Beschwerden.

Impotenz/Erektile Dysfunktion

Das Risiko, an einer länger als sechs Monate andauernden Erektionsstörung zu erkranken, steigt mit dem Alter, wie eine groß angelegte amerikanische Studie belegt: Fast die Hälfte aller Befragten zwischen 40 und 70 gaben an, leichte Erektionsstörungen zu haben. 15 Prozent der Männer über 65 berichteten von kompletter Impotenz.

Für viele Betroffene ist es nach wie vor tabu, darüber zu sprechen. Nur etwa zehn Prozent aller 50-Jährigen kontaktieren wegen Erektionsstörungen ihren Arzt. Ging man vor 20 Jahren noch davon aus, dass Impotenz in 80 bis 90 Prozent auf psychogene Ursachen zurückzuführen ist, weiß man heute, dass sie häufig organisch bedingt ist. Selten ist Testosteronmangel die Ursache. Häufig scheitert die Erektion daran, dass sich der Penis wegen Gefäßanomalien, Bluthochdruck, Diabetes oder Nervenstörungen nicht ausreichend mit Blut füllen kann.

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