Spritzen-Skandal in den USA Zehntausende fürchten Hepatitis und HIV

In einem Krankenhaus in Las Vegas verwendeten Ärzte Spritzen mehrfach. Jetzt müssen sich 40.000 Patienten testen lassen, denn sie könnten sich mit Hepatitis oder HIV angesteckt haben. Eine Betroffene beklagt: Restaurants würden höhere Maßstäbe setzen als die Kliniken.

Ein beispielloser Skandal um unsaubere Spritzen versetzt zehntausende Patienten einer Klinik in Las Vegas in Angst. Zwischen März 2004 und Anfang dieses Jahres soll das medizinische Personal des "Endoscopy Centers" in der schillernden Glücksspieler-Stadt Spritzen mehrfach verwendet haben - Patienten könnten sich dabei nicht nur mit Gelbsucht (Hepatitis), sondern auch mit HIV-Erregern infiziert haben, befürchten die Gesundheitsbehörden. 40.000 Menschen werden in den kommenden Tagen Post mit dem Rat erhalten, sich vorsorglich testen zu lassen, möglicherweise sogar auf eigene Kosten. Betroffene sind verzweifelt, hilflos und wütend. Die Behörden sprechen vom größten Aufruf dieser Art in den Vereinigten Staaten.

Bei sechs Patienten der Klinik wurde bereits eine Hepatitis-C- Infektion festgestellt, wie die Zeitung "Las Vegas Sun" am Freitag berichtete. "Schande über Dich, Endoscopy Center in Süd-Nevada", schreibt jemand wütend im Blog der Zeitung "USA Today". "Weil Eure Mitarbeiter derart nachlässig waren, lebe ich nun mit der Sorge, dass sich meine Mutter, die dreimal zu Routinebehandlungen dort war, vielleicht mit einer potenziell todbringenden Krankheit angesteckt hat."

Arzte schütteln den Kopf über die Zustände in der Klinik

Dass zwar nicht die Nadeln, wohl aber die Spritzenkörper immer wieder verwendet wurden, war nach Recherchen des "Las Vegas Review Journal" gängige Praxis "von Ärzten bis hin zum technischen Mitarbeiter". Die Leitung der auf Magen-Darm-Krankheiten spezialisierten Klinik äußerte "tiefes Bedauern", blieb zunächst aber eine Erklärung schuldig. "Das Ausmaß ist beunruhigend", sagte Mediziner Joseph Perz von der US-Gesundheitsbehörde CDC dem Blatt. "Man muss sich vorstellen, was in den Leuten vorgeht, wenn sie diesen Brief bekommen. Viele Menschen werden nicht schlafen können."

Schon im ersten Studienjahr lernten angehende Mediziner, dass Spritzen nur ein Mal verwendet werden dürfen, betont Cheryl Hug-English von der medizinischen Fakultät der Universität von Nevada. "Wir nehmen das sehr ernst." Hepatitis ist eine durch Viren, Bakterien oder Parasiten hervorgerufene Leberentzündung, die das wichtige Organ erheblich schädigen kann. Im Fall des Skandals in Las Vegas befürchten die Gesundheitsbehörden eine Infektion mit den beiden Hepatitis-Typen B und C, die durch Blut übertragen werden können.

Nicht der erste Hepatitis-Skandal

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Gelbsucht-Alarm die amerikanische Öffentlichkeit aufschreckt. Im bislang größten Fall warnten die Behörden vor sieben Jahren 2000 Patienten einer Klinik in New York vor einer möglichen Infektion, nachdem acht Menschen positiv auf Hepatitis C getestet worden waren. Zum soweit größten Ausbruch der Krankheit in Nordamerika kam es 2002: In einer Krebsklinik im US-Staat Nebraska infizierten sich 99 Patienten mit dem Typ - weil eine Krankenschwester immer wieder dieselbe Spritze verwendete.

Eine der Betroffenen war Evelyn McKnight, die daraufhin eine Interessengruppe für Hepatitis-Kranke gründete. "Wieder einmal haben wir einen Ausbruch, der zwei bekannte Elemente beinhaltet - zum einen eine ambulante Klinik und eine, die zum anderen medizinisches Gerät mehrfach benutzt, das nur einmal verwendet werden soll", schrieb sie in einer E-Mail, nachdem der Skandal in Las Vegas bekannt wurde. "Wenn wir an unsere Restaurants höhere Maßstäbe anlegen als an unsere medizinischen Einrichtungen, dann ist das einfach eine Tragödie."

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Frank Brandmaier/DPA

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