Studie an Mäusen Nanoröhrchen ähnlich schädlich wie Asbest

Extrem stabil und erstaunlich winzig: Nanoröhrchen gelten als vielversprechendes Material, doch nun könnte die Euphorie ein Ende haben. Denn in einer Untersuchung erwiesen sich die ultradünnen Röhren als ähnlich schädlich für die Lunge wie Asbest.

Sie gelten als ein vielversprechendes Material für die Computertechnologie, auch in der Medizin und Pharmazie könnten Nanorörchen Anwendung finden. So sollen die winzigen Rohre in Zukunft beispielsweise Medikamente innerhalb des Körpers transportieren. Weil sie so klein sind, würden sie wahrscheinlich die meisten Bereiche des Körpers erreichen. Genau das könnte jedoch auch Problenme bereiten, fürchten Forscher. Sie äußern den Verdacht, dass Nanoröhrchen der Gesundheit schaden könnten.

Nun haben amerikanische und britische Forscher in Tests mit Mäusen nachgewiesen, dass die winzigen Röhrchen im Körper eine ähnliche Wirkung entfalten wie lungenschädigende Asbestfasern. "Die Ergebnisse sind ein Alarmsignal für die Nanotechnologie im Allgemeinen und die Nutzung von Nanoröhrchen im Besonderen", schreiben Ken Donaldson von der Universität in Edinburgh und seine Kollegen im Fachmagazin "Nature Nanotechnology".

Nanoröhrchen

Sie sind mikroskopisch kleine Gebilde in Form einer Röhre. Die dünnsten unter ihnen haben einen Durchmesser von gerade einmal einem Nanometer. Ein Nanometer ist der Millionste Teil eines Millimeters. Zum Vergleich: Ein Haar hat etwa eine Dicke von 50.000 Nanometern. Meist bestehen die Mini-Röhren aus Kohlenstoffatomen, die in einer wabenartigen Struktur mit Sechsecken und jeweils drei Bindungspartnern aufgebaut sind (siehe Bild). Wegen ihrer einmaligen mechanischen und elektrischen Eigenschaften gelten Kohlenstoff-Nanoröhrchen als eines der wichtigsten neuen Materialien.

Die Forscher hatten den Nagern Nanoröhrchen unterschiedlicher Länge in die Bauchhöhle injiziert. Damit wollten sie das Eindringen des Materials über die Atemwege simulieren. Die Forscher vermuteten eine ähnliche Reaktion wie bei Asbest, dessen lange, extrem feine Fasern nach dem Einatmen ins Lungengewebe und das Brustfell eindringen können und dort dauerhafte Schäden bis hin zum Lungen- und Brustfellkrebs verursachen können. Tatsächlich reagierten die Versuchstiere bei den Tests mit langen Nanoröhrchen ähnlich wie die Mäuse, die Asbestfasern verabreicht bekamen: Entzündungsherde entstanden im Gewebe, und es bildeten sich kleine Knötchen, sogenannte Granulome.

Weitere Tests sind nötig

Verwendeten die Wissenschaftler hingegen kürzere Nanoröhrchen, waren solche Reaktionen nur in einem einzigen Fall zu beobachten. Das bedeute jedoch nicht, dass dieser Typ von Nanoröhrchen völlig ungefährlich sei, denn es könnten sich in anderen Versuchen gesundheitsschädliche Reaktionen ergeben, sagen die Forscher.

Vorschnell verurteilen wollen die Forscher diese Technologie allerdings nicht: In weiteren Tests müsse zunächst allerdings geklärt werden, ob und in welcher Menge Nanoröhrchen in der Praxis überhaupt über die Atemwege in die Lunge eindringen könnten. "Auf die Vorteile dieses unglaublichen Materials kann die Gesellschaft nicht verzichten", betont Andrew Maynard, einer der beteiligten Wissenschaftler. Man dürfe allerdings nicht die gleichen Fehler wie beim Asbest machen, und auch die Röhrchen vorschnell einsetzen.

DDP
nis/DDP

PRODUKTE & TIPPS