Getrieben von der digitalen Umwälzung blickt der deutsche Buchhandel vor Beginn der Frankfurter Buchmesse in eine ungewisse Zukunft. Während der Internet-Handel weiter wächst, meldet der traditionelle Einzelhandel für das laufende Jahr erneut ein Minus von knapp fünf Prozent. "Ich halte das für eine Zahl, über die man nachdenken muss", sagte der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Gottfried Honnefelder, in Frankfurt. Die weltgrößte Bücherschau beginnt an diesem Mittwoch mit rund 7300 Ausstellern aus mehr als 100 Ländern. Sie endet nach fünf Tagen am Sonntag.
Honnefelder zeigte sich dennoch optimistisch für den stationären Handel. Bundesweit entstünden mit neuen Ideen neue Buchläden. "Mein Eindruck ist, dass jetzt die Stunde der inhabergeführten Buchhändler schlägt." Der Umsatzanteil des stationären Handels ist im vergangenen Jahr erstmals unter die 50-Prozent-Marke gefallen. Nach der Expansion der vergangenen Jahre reduzieren marktbeherrschende große Ketten wie Thalia drastisch Flächen und schließen Läden. Honnefelder sieht deren Probleme aber als "hausgemacht".
Die Branche hofft auch auf die neuen elektronischen Bücher, deren Verkäufe sich zwar in diesem Jahr verdoppelt haben. Die E-Books machen aber weiterhin in Deutschland nur zwei Prozent des Umsatzes vom Gesamtmarkt aus, in den USA sind es inzwischen 20 Prozent. Der Börsenverein sieht die digitalen Medien, die im Mittelpunkt der Frankfurter Messe stehen, als Ergänzung der gedruckten Medien.
Digitalisierung wird massiv voranschreiten
Die Digitalisierung bringt nach Ansicht der Organisatoren der Buchmesse im globalen Maßstab ganz neue Geschäftsmodelle hervor. Große Verkäufer wie Amazon bringen eigene Lesegeräte heraus. Autoren werden übers Internet zu Verlegern, weltweit entstehen über neuartige Internet-Speicherplätze ("Cloud Computing") Leihbibliotheken. Es entstehen neue kulturelle Muster, wie Buchmesse-Direktor Juergen Boos am Dienstag sagte. Wichtig sei, dass künftig alle weiterhin Zugang zu den Inhalten hätten. Dies gelte vor allem auch für Kinder- und Jugendbücher, denen die Buchmesse dieses Jahr einen Schwerpunkt widmet.
Mut machte der Branche am Dienstag eine Marktstudie der Beratungsgesellschaft PwC. Trotz rückläufiger Geschäfte im ersten Halbjahr erreiche der deutsche Buchmarkt im laufenden Jahr einen stabilen Umsatz von 9,6 Milliarden Euro. Der Umsatz bei elektronischen Büchern werde 2012 um über 260 Prozent auf 175 Millionen Euro wachsen. Bis 2016 rechnet PwC im E-Buch-Sektor mit durchschnittlichen jährlichen Umsatzsteigerungen von 68 Prozent auf dann 650 Millionen Euro. Bei der Belletristik sollen E-Books dann einen Umsatzanteil von 13 Prozent haben.