Großbritannien Schwule Märchenhochzeit auf dem Lehrplan

Englische Schulmärchen bekommen ein neues Happy End: Der schöne junge Prinz heiratet zwar immer noch zum Schluss - allerdings keine Prinzessin, sondern einen anderen Prinzen.

Auf den ersten Seiten geht es in "King&King" ("König und König") zu wie in vielen anderen Märchen auch: Der Thronfolger braucht eine Frau, und deshalb wird große Brautschau gemacht. Nur, dass sich der künftige König am Ende für keine der vielen Prinzessinnen entscheidet oder wenigstens für ein Aschenputtel, sondern für einen anderen Prinzen. Das Kinderbuch über die beiden schwulen Könige kommt nun in britischen Grundschulen offiziell auf den Lehrplan - und die Aufregung ist groß.

Mit der Fabel über die beiden verliebten Prinzen sollen die kleinen Briten bereits mit vier Jahren an die Vorstellung gewöhnt werden, dass es außer Mama, Papa, Kind auch noch andere Lebensformen gibt, und zwar der gleichgeschlechtlichen Art. Der Pilotversuch "No Outsiders" ("Keine Außenseiter"), der von einer staatlich finanzierten Organisation getragen wird, soll zunächst in 14 englischen Schulen über die Bühne gehen. Wenn er Erfolg hat, wird die Kinderliteratur zur Homosexualität landesweit gelehrt.

Margaret Thatcher stoppte ersten Versuch

"King&King" hat ebenso wenig mit Sex zu tun wie Aschenputtel, sondern mit Liebe", sagt Mark Jennett, der bei dem Projekt für die Vorbereitung der Lehrer zuständig ist. "Das Problem dabei kommt nicht von den Kindern, sondern von der Nervosität der Erwachsenen." Außer "King&King" sollen auch andere Bücher mit gleichgeschlechtlichen Paaren behandelt werden. "And Tango makes three" zum Beispiel, in dem es um die Liebe von zwei männlichen Zoo-Pinguinen geht. Oder "Spacegirl Pukes": ein Bilderbuch über zwei Mütter, die ihre Tochter auf eine Raumfahrt schicken.

In Großbritannien gab es ein ähnliches Vorhaben schon einmal 1988 - bis es von der damaligen konservativen Premierministerin Margaret Thatcher gestoppt wurde. In den fast schon zehn Jahren der Ära Blair seit 1997 hat sich der Umgang mit Homosexualität aber sehr geändert. Seit Dezember 2005 sind auch auf der britischen Insel gleichgeschlechtliche Ehen möglich: Popstar Elton John und sein Partner David Furnish sind das prominenteste Beispiel.

Glaubensverbände protestieren

Die Leiterin des Pilotversuchs, Elizabeth Atkinson, vertritt die Meinung, dass die Schulen gleich von der ersten Klasse an auf die veränderte gesellschaftliche Wirklichkeit eingehen müssen. "Ich weiß, wie wichtig Kinderliteratur für die Vermittlung von sozialen Werten ist. Und was in Bücher nicht gesagt wird, ist genau so wichtig wie das, was drinsteht", sagte die Pädagogin der Zeitung "The Observer". Von der Lehrergewerkschaft National Union of Teachers wird das Vorhaben unterstützt.

Dagegen gibt es von den Kirchen und Glaubensverbänden einige Proteste. Auch auf Seiten der Elternschaft regt sich Widerstand. "Ich kenne nicht viele Grundschüler, von denen ich annehme, dass sie Homosexualität richtig verstehen können", sagt Andy Hibberd, der Gründer des Elternverbandes Parent Organisation. "Ich habe kein Problem damit, was Erwachsene im gegenseitigen Einverständnis miteinander machen. Aber ich glaube nicht, dass das Kindern aufgezwungen werden muss."

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Christoph Sator/DPA