Rezas "Ihre Version des Spiels" Böse Persiflage auf den erbarmungslosen Literaturbetrieb

Ihr "Gott des Gemetzels" war ein Welterfolg. Nun legt Yasmina Reza ein neues Stück vor: "Ihre Version des Spiels" ist eine böse Persiflage auf den Literaturbetrieb.

Ein erfolgreicher Schriftsteller zu sein, das muss ein Traumberuf sein. Dass es die wahre Hölle sein kann, zeigt jetzt Yasmina Reza. Die französische Star-Autorin hat ein Psychodrama über die Niederungen des Literaturbetriebs geschrieben. "Ihre Version des Spiels" wurde am Dienstagabend im Deutschen Theater Berlin uraufgeführt. Reza ("Der Gott des Gemetzels") saß selbst im Publikum.

Die Handlung: Die preisgekrönte, aber scheue Schriftstellerin Nathalie Oppenheim, gespielt von Corinna Harfouch, reist in die Provinz, um bei einer Lesung ihren neuen Roman vorzustellen. Darin geht es um eine Schriftstellerin, die an einem Buch mit dem Titel "Ihre Version des Spiels" arbeitet und ein Mordkomplott am Liebhaber ihres Mannes plant.

Im Rahmen der Lesung wird Nathalie von der übereifrigen Journalistin Rosanna Ertel-Keval (Katrin Wichmann) interviewt. Die fragt derart inquisitorisch und insistiert unaufhörlich auf autobiografische Bezüge im Buch, bis der Leseabend eskaliert. Nach zig Interpretationsversuchen und allerlei akademischem Geschwafel über Autor und Werk erleidet die dünnhäutige Nathalie einen Nervenzusammenbruch. "Was wollen Sie mir entlocken?", fragt sie überfordert. Eigentlich verweigert sich die Künstlerin dem Literaturbetrieb.

Eine literarische "Selbstspiegelung"

Dazu muss man wissen, dass Yasmina Reza selbst Interviews scheut, Fernsehauftritte oder Lesungen macht sie aus Prinzip nicht. "Ich habe Schutzmauern um mich errichtet", sagt die 53-Jährige. Aber warum macht sie das zum Theaterstoff, warum diese "literarische Selbstspiegelung", wie die "Süddeutsche Zeitung" vor ein paar Tagen von Reza wissen wollte - und fragte: "Geht Ihnen der Stoff aus?"

In den vergangenen Jahren schrieb die Pariserin mehrere Bestseller. "Kunst", "Drei Mal Leben" und "Der Gott des Gemetzels" werden weltweit auf den Bühnen gezeigt. Allein "Der Gott des Gemetzels", ein Psychokrieg zweier Ehepaare, wurde im deutschsprachigen Raum an über 100 Häusern inszeniert. 2011 verfilmte Roman Polanski die Komödie mit vier Großschauspielern: Christoph Waltz, Kate Winslet, Jodie Foster und John C. Reilly. Im Februar gab es dafür den französischen Filmpreis César für die beste Literaturverfilmung. Sie begeisterte ein Massenpublikum.

Das ewige Forschen nach autobiografischen Zügen

Auch "Ihre Version des Spiels" wird nicht nur in Berlin zu sehen sein, sondern ab 13. Oktober auch am Stadttheater Gießen. Im Februar 2013 soll es eine weitere Premiere am St. Pauli Theater in Hamburg geben. Gleichwohl ist das Drama speziell: Nicht jeder interessiert sich für das mitunter schwierige Verhältnis zwischen Schriftstellern und Journalisten. Insbesondere das Forschen nach autobiografischen Zügen scheint bei jeder Buchneubesprechung ein Muss zu sein.

"Warum nur sind viele Feuilletonisten heute so auf den Beweis erpicht, dass Autoren und ihre Helden identisch reden, denken, handeln, fühlen", rätselt der "Spiegel" und lobt Rezas neues Drama als "Hohngesang" auf die Narrheiten der biografistischen Literaturkritik. Der Zeitpunkt für Rezas neuesten Theaterschwank jedenfalls ist gut gewählt: Kommende Woche beginnt die 64. Frankfurter Buchmesse (10. bis 14. Oktober). Dann wird fünf Tage über Literatur geredet.

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Haiko Prengel, DPA