Neu im Kino "Letzter Abend": Eine Feier läuft komplett aus dem Ruder

"Letzter Abend"
Szene aus dem Film "Letzter Abend": In der Beziehung von Clemens (Sebastian Jakob Doppelbauer) und Lisa (Pauline Werner) kriselt es. Ob ein gemeinsamer Umzug nach Berlin die Probleme kittet?
© Klinkerfilm
Eines der spannendsten Debüts im deutschen Kino seit Langem: In "Letzter Abend" möchte ein junges Paar kurz vor dem Umzug nach Berlin Abschied nehmen von seinen Freunden. Doch die Feier verläuft anders als geplant.

"Der Vorname", "Der Nachname", "Das perfekte Geheimnis": Filme, in denen ein Abend unter Freunden aus dem Ruder läuft und in Streit mündet haben seit einiger Zeit Konjunktur. Die französische Autorin Yasmina Reza "("Kunst", "Der Gott des Gemetzels") hat auf dieser Idee sogar ihre Karriere begründet. 

Auch "Letzter Abend" bedient sich dieser Grundkonstellation. Der Debütfilm von Regisseur Lukas Nathrath entfaltet jedoch eine Wucht und Unmittelbarkeit, die ihn von anderen Filmen mit diesem Muster abhebt. Im Mittelpunkt dieser während der Corona-Pandemie spielenden Geschichte stehen Clemens (Sebastian Jakob Doppelbauer) und Lisa (Pauline Werner). Zwei Menschen um die 30, die nach Berlin ziehen wollen, um noch einmal neu durchzustarten.

"Letzter Abend": Spannungen verschärfen sich

Lisa, die treibende Kraft in der Beziehung, hat in der Hauptstadt eine Stelle als Ärztin gefunden. Der erfolglose Musiker Clemens kann auch dort in den Tag träumen. Mit einem Abschiedsessen in ihrer fast leer geräumten Wohnung in Hannover wollen sie noch ein letztes Mal mit ihren Freunden feiern. Doch der Abend beginnt schon schlecht: Erst brennt die Lasagne an, dann sagen mehrere Freunde kurzfristig ab. Dafür tauchen zwei ungeplante Gäste auf. Das alles verschärft die zunächst kaum bemerkbaren, im Laufe des Abends jedoch immer stärker zutage tretenden Spannungen zwischen den Gastgebern. Und auch zwischen den Gästen entladen sich Konflikte.

Mitten in der Pandemie prallen hier verschiedene Weltanschauungen und Werte aufeinander. Darf die wissenschaftlich geschulte Medizinerin ihrer Freundin abraten, Heilpraktikerin zu werden? Wie stehst du zum Genderstern? Und dürfen die Deutschen Hitler den Österreichern in die Schuhe schieben? Im Laufe dieses immer wilder werdenden Abends kommen alle Themen auf den Tisch - der Film verliert jedoch nie das Zentrum aus den Augen: Die zunehmend weniger unterschwellig schwelende Beziehungskrise zwischen Clemens und Lisa.

Ausgezeichnet mit dem  Max-Ophüls-Preis

Was den von Regisseur Lukas Nathrath und Hauptdarsteller Sebastian Jakob Doppelbauer zusammen geschriebenen Film von ähnlichen Werken unterscheidet: Er ist deutlich direkter, roher, echter gefilmt: Die Kamera ist nah dran an ihren Protagonisten, gleichzeitig punktet "Letzter Abend" mit einem überraschenden Cast aus Jungschauspielern. Dass der 90-Minüter in nur einer Woche gedreht wurde, merkt man ihm positiv an: Jede Szene wirkt frisch, fast improvisiert, ganz als wohne man gerade einer echten Feier bei und keinem gestellten Versuchsaufbau. Die Dialoge strahlen eine Wahrhaftigkeit aus, die im Kino selten ist. Nathrath bekam im Januar folgerichtig den Max-Ophüls-Preis für die beste Regie - die wichtigste Nachwuchs-Auszeichnung im deutschen Film. 

Letztlich ist allen Beteiligten ein wunderbares Porträt der Generation der 30-Jährigen gelungen, die während der Pandemie auf vieles verzichten mussten. Das allein ist Grund genug, das zu tun, was zwei Jahre kaum möglich war: Mal wieder ins Kino zu gehen. 

"Letzter Abend" kommt am 24. August in die deutschen Kinos.

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