"Big Brother" Neue Exzesse im Container

Nach zwei Monaten "Big Brother 5" hat der Zuschauer bereits jeden Überblick verloren. Zum Glück hat die Containershow wenigstens als Peepshow Unterhaltungswert.

Am 2. März startete Endemol zusammen mit RTL 2 die fünfte Staffel von "Big Brother". Genau ein Jahr sollen es die Bewohner im engen und mit Kameras gespickten Fernsehknast aushalten. Der Bewohner mit dem meisten Sitzfleisch bekommt am Ende eine Million Euro Schadensersatz ausgezahlt. Alle übrigen Teilnehmer erhalten pro überstandener Woche einen kleinen Unkostenbetrag in symbolischer Höhe von einigen hundert Euro ausbezahlt.

Die ersten vier Staffeln des Fernsehexperiments "Big Brother" zogen den Zuschauer schnell in ihren Bann. Schon nach einigen Folgen kannte man die Bewohner richtig gut und delektierte sich an ihren Intrigen, Streitereien und den ersten aufkeimenden Liebeleien. Auch die spannenden Battles der vierten Staffel sorgten für ein deutlich erhöhtes Suchtpotenzial.

Die fünfte Staffel möchte nicht so richtig zünden. Die Unterteilung des Containers in gleich drei voneinander getrennte Bereiche sorgt für Verwirrung. Hinzu kommt, dass die überall montierten Gitterwände für ein gesteigertes Knastgefühl beim Zuschauer sorgen. Da wähnt er sich schon bald "Hinter Gittern". Überhaupt wissen die Verantwortlichen nicht so recht, was sie dieses Mal eigentlich überhaupt filmen und präsentieren möchten. Die Battles werden nur unzureichend präsentiert, sodass der Zuschauer oft gar nicht erfährt, warum denn nun ein bestimmter Bewohner schon wieder gewonnen und verloren hat. Auch das sonst so spannende Observieren der Container-Insassen will dieses Mal so gar keinen Spaß machen. Nicht weil die Bewohner nicht verrückt oder interessant genug sind. Sondern weil das Rein und Raus der Bewohner im Container so schnell stattfindet, dass eine Woche Fernsehabstinenz völlig ausreicht, um jeden Überblick über das Panoptikum der "Big-Brother"-Teilnehmer zu verlieren.

Jede Menge Sex

Ganz in diesem Sinne gibt es nur noch einen Grund, um fortan "Big Brother" zu schauen: Sex. Die neuen Bewohner sexeln zum Glück, was das Zeug hält und bannen den voyeuristisch angehauchten Zuschauer auf diese Weise jeden Tag um 19 Uhr an den Bildschirm.

Allen voran sorgt der glatzköpfige und äußerst smarte Jerry für Quote. Der verschmuste Hingucker mit dem durchtrainierten Body hat sich mit dem Mit-Häftling Jeannine (28) eine fünf Jahre ältere Liebeskönigin geschnappt, die auch vor der Kamera keinerlei Hemmungen kennt. Alle paar Wochen übermannt es die beiden so sehr, dass sie jede Observierung vergessen und vor laufender Kamera so richtig loslegen. Kaum erhitzte die Sonne Ende April die Luft auf 24 Grad, knallten bei Jerry und seiner Süßen auch schon wieder die Sicherungen durch. Zunächst stiegen die beiden gemeinsam unter die Dusche - sie völlig nackt und ungeniert, er zum Glück noch mit Hosen über dem Hintern. Ansonsten hätten die folgenden Szenen dank Jugendgefährdung sicherlich nicht vor 23 Uhr ausgestrahlt werden dürfen.

Genüsslich seift Jerry seiner Jeannine zunächst die vollen Brüste ein. Die genießt sichtlich die körperliche Zuwendung und treibt den überraschten Zuschauer fast in einen verfrühten Herzinfarkt. Anschließend geht es gleich ins Bett und unter die Decke - um das zu vollenden, was in der Nasszelle begonnen hat. Ob "Big Brother" auch Gummitütchen bereithält? Aber nicht umsonst meldet die "Bild"-Zeitung bereits, dass die Verantwortlichen auch für eine Schwangerschaft und eine Geburt im Container gerüstet sind.

Doch nicht alle Bewohner haben so einen Schlag bei den Frauen wie Jerry. Richtig frustriert ist etwa sein Kumpel Mark, der ihm auf den ersten Blick recht ähnlich sieht, laut eigenem Bekunden aber schon viel zu lange solo ist: "Drei Jahre ohne Freundin. Ich habe doch einer Frau so viel Liebe zu geben!" So spricht der schüchterne Mark zu seinen Mitbewohnern.

Im Mai heißt es deswegen im Studio von Ruth Moschner: Mark braucht eine Frau. Der 28-Jährige nutzt schließlich schon jetzt jede Gelegenheit, um seine Libido an den vorhandenen Frauen abzukühlen. Der Single knutscht mit Franziska, macht durch die Gitter mit Doreen rum und erlaubt sich auch noch ausführliche Massageeinheiten mit Lisa auf dem Wasserbett. Doch trotz aller Versuche bleibt die Küche kalt: Der Hamburger kann bei den Mädels einfach nicht richtig landen.

Aus diesem Grund hat "Big Brother" ein Einsehen. Per "Speed Dating" wurden die Zuschauerinnen im Fernsehen aufgefordert: Wer möchte Mark etwas genauer kennen lernen? Über 300 Frauen haben sich gemeldet, was angesichts der Zuschauerquote von ein, zwei Millionen Leuten nicht besonders bemerkenswert ist. Zehn ausgewählte Bewerberinnen durften am 3. Mai selbst bei einem Container-Besuch herausfinden, ob Mark nun brauchbares Männermaterial ist oder nicht.

Lesbische Knutschereien

Die Last der Erotik drückt aber nicht allein auf Jerrys Schultern. Vor allem die bisexuelle Doreen (23) sorgt immer wieder für einen anschwellenden Puls beim zuschauenden Männerpublikum. Der hübsche Twen knutscht oft genug hemmungslos mit den anderen Frauen im Container. Was die Zuschauer größtenteils erfreut, sorgt ausgerechnet im Container für Missstimmung. Der mit seinem Babyspeck noch reichlich gepolsterte Quoten-Türke Ali, der sich auch noch als bekennende Jungfrau outete, findet das Rumgeknutsche schon aus religiösen Gründen völlig daneben: "Adam und Eva waren ja auch nicht schwul!" Und wie es sich für einen türkischen Pascha gehört, hält er auch gleich eine Lösung für das Dilemma parat: "Ich verbiete Sex im Haus!"

Doch der inzwischen rausgewählte Ali ("Ich will das hier im Haus nicht mehr sehen! Das ist dreckig und nicht normal.") steht mit seinem Protest doch tatsächlich nicht alleine da. Auch der Schweizer Franco (30) mag es lieber züchtig und keusch: "Ich finde auch, Frauenknutschereien sollte es nur in der kamerafreien Stunden geben. Was sollen denn die Kinder vor dem Fernseher denken!" Das Erotikmodell Doreen ist sprachlos: "Ihr spinnt doch total. Was seid ihr denn für Spießer? Soll ich mir jetzt einen Wecker zum Knutschen stellen?"

Ihr Kollege Michael (34) kommt der Frauenknutscherin zum Glück zur Hilfe: "Wenn ich das nicht sehen will, schaue ich einfach nicht hin. Jungs, das nennt man Toleranz!" Recht hat der Mann. Es zeigt sich aber auch, dass sich alle sexfeindlichen Bewohner bei "Big Brother" von selbst aus dem Rennen werfen. Nachdem Ali von den Zuschauern rausgevotet wurde, verließ Franco inzwischen von ganz alleine den Container. Am 23. April um 14 Uhr war Schluss für den nörgeligen Schweizer. Der Gastronom kann einfach nicht länger mit der Teilzeit-Lesbe Doreen zusammenleben.

Der Grund für die Antipathie liegt nicht nur in den Knutschereien begründet: Die Frau stinkt ihm einfach. Franco: "Doreen riecht ekelhaft nach Schweiß. Das ist ein Geruch wie Nasenbluten. Kann die sich nicht waschen?" Doreen gibt auch hier nicht nach: "Ich habe da kein Problem. Ich find halt das Schwitzen ganz normal und ich zieh mich nicht fünf Mal am Tag um. Das sehe ich gar nicht ein." Dem Zuschauer ist es egal. Solange das Duftfernsehen noch nicht erfunden ist.

Neue sexy Bewohnerinnen

Damit sich der Zuschauer mit den bereits im Container vorhandenen Frauen nicht auf Dauer langweilt, sorgt "Big Brother" immer wieder einmal für neues Material. Am 27. April zog etwa die Go-Go-Tänzerin Jennifer in den Fernsehknast ein. Die 21-jährige Power-Frau kommt aus Berlin-Hennigsdorf, ist eigentlich Friseuse und hat sich vor ihrem Einzug in den Container noch rasch von ihrem Freund getrennt, um frei für eine neue Beziehung mit den männlichen Bewohnern zu sein: "Ich kriege jeden Mann rum!" Für noch mehr Furore sorgt freilich die transsexuelle Maxim, die bereits einen Tag vor Jennifer in den Bereich "Reich" einziehen durfte. Die lange 21-jährige Blondine ist nämlich früher einmal ein Mann gewesen. Die gebürtige Moldawierin hat sich in über 30 Operationen vom Mann in eine Frau verwandeln lassen. Maxime: "Ich glaube nicht, dass die Bewohner schnell merken, dass ich einmal ein Mann war."

Für die Zuschauer ist es natürlich sehr spannend zu beobachten, wie die Männer auf die ungewöhnlich maskuline Blondine mit den kleinen Apfelbrüsten reagieren. Unsere Dumpfbacke Ali machte den Anfang: Frisch herausgewählt und im Studio mit der transsexuellen Maxime konfrontiert, stellte er auch gleich die Fragen aller Fragen: "Kannst du auch schwanger werden?"

Das sind dann auch die raren Szenen, die "Big Brother 5" so richtig spannend machen. Lässt man aber die Erotik einmal außen vor, so ist die aktuelle leider die langweiligste der bislang fünf Staffeln.

Carsten Scheibe, DVD-Portal Typemania

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