Nach den ersten Pressevorführungen waren sich die Kritiker einig: M. Night Shyamalans neues Werk "Die Legende von Aang", die Verfilmung des amerikanischen Trickfilmserien-Hits "The Last Airbender", geht gar nicht. Die Fantasy-Geschichte aus einer Welt, in der die Menschen die Elemente beherrschen und mit ihnen kämpfen, und in der ein kleiner Junge, dem die Luft gehorcht, von einem unglücklichen Prinzen des Feuers gejagt wird, sei hölzern, dabei hoffnungslos pathetisch, und zudem auch noch unfreiwillig komisch. In den USA hat der Film im renommierten Kritikerspiegel "Rotten Tomatoes" gerade mal sieben Prozent Zustimmung bekommen. Autsch, denkt man. Denkt Shyamalan aber nicht.
Der sitzt vor einem, sieht ein bisschen aus wie der junge, fragile Bruder von Michael Jackson und lässt jede Kritik an sich abperlen, als sei er teflonbeschichtet. Nein, er lässt sie nicht mal abperlen, weil sie ihn gar nicht erst erreicht. So als habe er einen Anti-Kritik-Schutzwall um sich - solche Schutzblasen gibt es ja auch in seinem Film. Dann guckt er einen mit großen, brauen Augen an und sagt, dass er nie aufgehört habe, an sich und seine Vision vom guten Kino zu glauben, egal, was die Welt von ihm halte. Er sei davon überzeugt, dass all das Negative einfach vom Positiven im Leben übertönt werde.
Das Postive?, fragt man sich und zuckt schließlich mit den Schultern, weil der Mann, den die Kritik seit nie wieder erreichten Erfolgen wie "Sixth Sense" (1999) und "Unbreakable" (2000) nur noch schlachtet, ganz offensichtlich auf einem anderen Planeten zuhause ist. Doch dann vergeht eine Woche, und man staunt Bauklötze, die es nicht im Film gibt.
Der milde lächelnde Mister Shyamalan
Die hölzerne, hoffnungslos pathetische und unfreiwillig komische "Legende von Aang" steht nämlich auf Platz eins der deutschen Kinocharts. Kann ja mal passieren, ist ja Sommerloch, möchte man dagegen halten. Das geht aber gar nicht, denn "Die Legende von Aang" ist in Konkurrenz zu einem der am heftigsten beworbenen Filme des Jahres gestartet: das Angelina-Jolie-Vehikel "Salt". Und "Die Legende von Aang" hatte fast doppelt so viele Zuschauer wie der Agententhriller. Nebenbei hat das Jüngelchen mit dem Händchen für den Wind auch noch den grandiosen Hirnverdreher "Inception", den Dumpfbackenklamauk "Kindsköpfe" und Pixar-Disneys Liebling "Toy Story 3" auf die hinteren Plätze verwiesen.
Wie konnte das passieren?
Mister Shyamalan lächelt milde über uns unwissende, blinde Kreaturen. Schließlich hat er es - was immer das ist - schon lange durchschaut. Aber vielleicht kommt man auch mit einem rationalen Ansatz etwas weiter: Die Zielgruppe von "Die Legende von Aang" macht ziemlich genau in der Hälfte der Pubertät eine Vollbremsung. Die Zeit, da man Kind und Erwachsener gleichzeitig ist, die Zeit, in der einen wirklich niemand versteht. Außer offenbar der milde lächelnde Shyamalan und seine Kinder, die die Welt retten und dabei reden, als würden sie die Bibel zitieren, um im nächsten Augenblick wieder total uncool zu sein. Macht und Ohnmacht in Reinform fliegen über die Leinwand - und das auch noch in 3D. Und weil Erwachsene sich bekanntlich gern der Ohnmacht entwachsen fühlen, können sie nur noch lachen, wenn die Gefühle so intensiv sind, wie sie es nach Ordnung des Hormonchaos' nie wieder sein werden.
Keine Ahnung, wie er es gemacht hat, aber offensichtlich hat M. Night Shyamalan einen Nerv getroffen. Gönnen wir ihm doch einfach den Erfolg.