"Film Socialisme" Godards testamentarisches Kino-Puzzle

"Film Socialisme" heißt der jüngste und womöglich letzte Film des französischen Altmeisters Jean-Luc Godard. Ein dichter Strom von Assoziationen, Dialogen und Bildern.

Hat Jean-Luc Godard mit "Film Socialisme" seinen letzten Film gedreht? Der 80-Jährige hat ihn zumindest als solchen angekündigt. Selbst wenn es den Altmeister des französischen Kinos noch einmal hinter die Kamera drängen sollte, kann seine jüngste Produktion durchaus als eine Art Testamentfilm betrachtet werden. "Film Socialisme" vereint schließlich alle Stilelemente, denen Godard seit Jahrzehnten dogmatisch verhaftet ist.

Ein Strom von Bildern, Dialogen, Schlagwörtern und Assoziationen: Der Film erzählt keine Geschichte, sondern gleicht einem Brainstorming durch die Zeit. Nahostkonflikt, Antigone, Mittelmeer, Korruption und die Hafentreppe von Odessa sind nur einige Etappen und Stationen auf dieser Reise durch Godards Weltanschauung. Wie bei einer Achterbahn rauschen die Bilder vorbei und verwirren.

Was hat ein Lama an der Zapfsäule einer Tankstelle zu suchen?

Der Anfang des Films spielt auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer, im weiteren Teil geht es um eine Familie im Süden Frankreichs. Damit hören die Orientierungshilfen auch schon auf, die Godard dem Zuschauer mit auf die Fahrt gibt. Auch der Titel "Film Socialisme" hilft zur Entschlüsselung nicht weiter. Diesen hatte er sich ausgedacht, noch bevor er wusste, was konkret er machen wollte, erklärte er in einem Interview.

Was hat ein Lama an der Zapfsäule einer Tankstelle zu suchen? Man kann versuchen, den Film zu verstehen. Besser jedoch ist es, wenn man sich einfach nur der Flut der Bilder und Assoziationen hingibt. Aus den collagenhaften Abbildern der Wirklichkeit kann jeder das herauspicken, was ihn anspricht und bewegt. Stoff bietet der Film genug: Konflikte, Korruption, Generationsprobleme, Dekadenz.

Godard hat als Mitbegründer der "Nouvelle Vague" - eine Ende der 50er Jahre entstandene Bewegung, die sich gegen die eingefahrene Bildsprache wehrte und für den experimentellen Film plädierte - das Kino stets in den Dienst des Politischen gestellt. Auch mit 80 Jahren ist er noch der rebellische Bürgersohn geblieben, der am Kino als Kunstform eisern festhält.

"Film Socialisme" ist weder schön, gut oder unterhaltsam, noch ist er monoton, langweilig oder schlecht. Es ist ein Godard-Film und das heißt: anstrengend, intellektuell und anspruchsvoll.

DPA
Sabine Glaubitz, DPA

PRODUKTE & TIPPS