"Keinohrhasen" Macho trifft Mauerblümchen

In dem Kinofilm "Keinohrhasen" wird Klatschreporter Lilo per Gerichtsbeschluss in einen Kindergarten gesteckt, wo er eine echte "Anti-Frau" trifft. Eine hübsche Beziehungskomödie, wäre Regisseur und Hauptdarsteller Til Schweiger nur nicht so schrecklich selbstverliebt.

Klatschreporter Lulo führt ein Leben auf der Überholspur und macht in Berlin mit Fotograf Moritz Jagd auf die aus Film und Fernsehen bekannte Prominenz. Als er es mit seiner Dreistigkeit zu weit treibt und beim Heiratsantrag von Wladimir Klitschko an Yvonne Catterfeld nackt durchs Glasdach in die Torte fällt, ist erst mal Schluss mit lustig. Jetzt nämlich brummt ihm in der Komödie "Keinohrhasen" eine Richterin 300 Sozialtage in einem Kinderhort auf - wo sich bald nicht nur die Bedeutung des hübschen Filmtitels erklärt.

Dort hat Lulo auch eine unheimliche Begegnung mit seiner Vergangenheit. In dem Bilderbuch-Kindergarten waltet nämlich die verhuschte Erzieherin Anna, die in Lulo sofort jenen rüpelhaften Mädchenschwarm erkennt, der sie in Kindertagen fies malträtierte. Aus der traumatisierten kleinen Brillenschlange von einst ist nun eine große Brillenschlange mit Wut im Bauch geworden, die sich an dem Schönling rächen will. Und für Frauenheld Lulo ist das einstige Objekt seiner Streiche heute die absolute Antifrau, die peinliche Klamotten wie etwa eine Strickjacke mit Katzenaufdruck trägt und Männer mit Vorwürfen nervt. Beste Voraussetzungen also, um zur Paarbildung zu schreiten.

Frauenheld trifft Aschenputtel: In seiner vierten Regiearbeit verlässt sich Til Schweiger ganz auf eine alte, aber Spaß versprechende Formel. Fulminant ist bereits der Filmeinstand, wenn Jürgen "Zahnlücke" Vogel als er selbst vor Reportern Hof hält und von seiner Rundumerneuerung in Hollywood schwärmt. Mit affenartigem Strahlegebiss, blonder Perücke und New-Age-Geplapper kaum wieder zu erkennen, präsentiert er sich als erste Lachnummer dieser Komödie, die mit frivolem Dialogwitz, beiläufigem Slapstick und Auftritten spielfreudiger Prominenz auftrumpft. Zumindest in der ersten Filmhälfte fallen Schlag auf Schlag die Pointen, die zwar nicht alle zünden, aber doch einen konstanten Humorpegel halten.

Leider fällt sich das Paar in spe ziemlich überstürzt in die Arme und erreicht allzu früh das Stadium des "Morgen danach", worauf auch beim Drehbuchschreiben die große Ratlosigkeit auszubrechen schien. In dem Moment, in dem sich Lulo und Anne gegenseitig versichern, dass ihre tolle gemeinsame Nacht ein unkomplizierter One-Night-Stand sei, ist die Luft raus. Die Restzeit überbrückt Regisseur Schweiger eher unbedarft mit Versatzstücken anderer Romantik-Komödien von Doris Day über Meg Ryan bis Jessica Alba. Beim Herumtollen des Paares im güldenen Sommerlicht, untermalt von der obligatorischen US-Popmusik, rückt der Regisseur noch gerne den eigenen vierköpfigen Nachwuchs ins Bild.

Sich selbst serviert er dem weiblichen Zielpublikum quasi mit Schleifchen auf dem Silbertablett. Fraglos der attraktivste deutsche Darsteller weit und breit, aber recht hölzern und selbstverliebt, bringt er es leider nicht über sich, dem Affen Zucker zu geben und bleibt stets derselbe ungebrochene Macho, dem die Frauen wie Fallobst vor die Füße purzeln. TV-Moderatorin Nora Tschirner dagegen darf sich niedliche Grimassen und gekonnte Temperamentsausbrüche leisten, die sie für höhere Aufgaben empfehlen. Weil aber das Potenzial dieser Charaktere letztlich verschenkt wird, wird kaum klar, warum der Schönling und die graue Maus doch noch zusammenfinden. Und das ist im Falle dieser Komödie, die trotz Klischees viel Witz und Tempo hat, besonders schade.

Birgit Roschy/AP

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