Es ist eine Herausforderung, einen Spielfilm über Claus Schenk Graf von Stauffenberg zu drehen. Seit den 50er Jahren hat sich in Deutschland niemand mehr daran versucht. Nun hat es Jo Baier für das Fernsehen gewagt. "Stauffenberg ist ein Held", sagt er. Ein Mann, der etwas Denkmalhaftes habe, etwas Unantastbares. Wer kennt nicht das Datum 20. Juli 1944, den Tag des Attentats gegen Hitler? Doch Baiers Film, am Mittwoch, 25. Februar, um 20.15 Uhr in der ARD zu sehen, soll 60 Jahre später mehr bieten als Bewunderung. "Ich wollte Stauffenberg vom Sockel holen und zu einem Menschen machen", beschreibt der Regisseur seinen Anspruch.
Baier hat sich als Drehbuchautor und Regisseur mit der Strittmater-Verfilmung "Der Laden" einen Namen gemacht, er ist bekannt für einfühlsame Porträts wie "Wambo" alias Walter Sedlmayr. Als geübter Dokumentarfilmer hat er sich auch bei Spielfilmen eine genaue Beobachtungsgabe bewahrt, sein Name steht für Dramatik ohne Kitsch. Auch sein neues Werk wirkt so, frei von Pathos und Klischees.
Aus Vorbehalten wurde Sympathie
Als das Stauffenberg-Thema vom Südwestrundfunk (SWR) an ihn herangetragen wurde, bat Baier sich Bedenkzeit aus. "Ich hatte Vorbehalte", erinnert er sich. "Mir kamen sofort Adel und Militär in den Sinn, auch Vorurteile". Die Arbeiten am Film haben seine Sicht verändert. Baier hat mit einem hoch betagten Freund Stauffenbergs gesprochen, las Bücher und Briefe. Hinter der Figur aus den Geschichtsbüchern entdeckte er schließlich einen humorvollen, lockeren Menschen, der ihm sehr sympathisch war.
"Kritische Flecken"
Dennoch ist der Spielfilm keine Huldigung. In kurzen Schlüsselszenen beleuchtet Baier den Wandel von Stauffenbergs Hitler-Bewunderung bis hin zu tiefster moralischer Empörung und dem Entschluss, Hitler zu töten. Dass in diesem heroischen Plan auch etwas Fanatisches liegt, verleugnet Baiers Film nicht. "Es gibt kritische Flecken an diesem Helden", sagt der Regisseur, eine "gewisse Rücksichtslosigkeit" gegenüber Frau und Kindern. Denn Stauffenberg war bereit, notfalls die eigene Familie zu opfern.
Zivilcourage bleibt aktuell
Die Wertung bleibt dem Zuschauer überlassen. Baier will einen Mann zeigen, "der in einer gewissenlosen Zeit seinem Gewissen treu blieb". Nicht mehr, nicht weniger. Ein Held ist für den Filmemacher jemand, der seine eigenen Interessen weniger achtet als die anderer. Diese Zivilcourage, betont er, habe für ihn nicht nur etwas mit Krieg und Vergangenheit zu tun. "Das ist immer ein aktuelles Thema".
"Gedenktag zweiter Klasse"
Der Historiker und Hitler-Biograf Joachim Fest schätzt den Spielfilm als eine Erinnerungsform an den Widerstand gegen Hitler. Eine Gesamtdarstellung des deutschen Widerstandes biete auch die Literatur immer noch nicht, bedauert Fest. "Der 20. Juli ist ein Gedenktag zweiter Klasse geblieben", urteilt er.
Ein Film mag daran nicht rütteln. Doch das öffentlich-rechtliche Fernsehen bietet seinen Zuschauern mehr Auseinandersetzung mit diesem Thema: Im ZDF läuft im März Guido Knopps Doku-Reihe "Sie wollten Hitler töten". Die ARD zeigt im Juni Dokumentationen über den militärischen Widerstand gegen Hitler.