"Wolf Creek" Ganz unten in Down Under

Ein kleiner Film vom anderen Ende der Welt ist das, was "Hostel" sein wollte: ein wahrer Höllentrip. "Wolf Creek" schockt mit gnadenloser Härte und killt nebenbei den Mythos vom freundlichen australischen Naturburschen.

Urlaubszeit. Zeit zu reisen. Zeit zu sterben. Zumindest im Kino sieht es zurzeit nicht gut aus für Touristen. In Wolfgang Petersens "Poseidon" werden Kreuzfahrtbucher gleich zu Hunderten ins Meer gespült. Vor allem aber sind es einige Vertreter des zurzeit sehr erfolgreichen Horrorfilms, in denen auf Erholung spekulierenden Urlaubern sehr übel mitgespielt wird. Die Ende April in Deutschland angelaufene US-Produktion "Hostel" gilt als Höhepunkt dieser Welle härtester Kost. Ein Resultat guten Marketings. Der Horrortrip dreier Rucksacktouristen, die in der Slowakei an einen kommerziellen Folterclub geraten, ist nämlich nur mittelmäßig inszeniert. Wie man es mit viel einfacheren Mitteln viel besser macht, zeigt der fiese Survival-Horrorfilm "Wolf Creek" des australischen Regiedebütanten Greg McLean.

Am Haken des Helfers

Kristy, Ben und Liz zieht es als Abschluss ihres Strandurlaubs in die Wüste, im westaustralischen Wolf-Creek-Nationalpark wollen sie eine Rucksacktour unternehmen. Weil die Reisekasse der drei Mittzwanziger auch an eine Wüste erinnert, reicht es gerade mal für einen heruntergekommenen Gebrauchtwagen. Prompt macht die Karre schlapp, irgendwo im Outback, die einzige Tankstelle und die letzte Begegnung mit Menschen liegen Stunden zurück. Doch Hilfe naht in Gestalt Micks, eines kauzigen, aber hilfsbereiten Einsiedlers, der mit seinem Pick-up die drei Backpacker und ihren Wagen in sein Camp bringt. Am nächsten Morgen will er das Gefährt reparieren. Zufrieden rollen sich die Reisenden am lauschigen Lagerfeuer in ihre Schlafsäcke. Als sie wieder erwachen, gefesselt und misshandelt, müssen sie feststellen, dass sich hinter Micks rustikal-freundlicher Fassade ein Sadist und Serienmörder verbirgt.

Einfach, aber effektiv - so ist "Wolf Creek". Mit nur einem Handlungsstrang, kaum Nebenfiguren und ohne optisches Schmuckwerk bleibt die Geschichte ganz nah an dem Martyrium der drei Reisenden, für deren Schicksal einige reale "Rucksack-Morde" in Australien Pate standen. Regisseur McLean bezeichnet sich selbst als Fan der dänischen Dogma-Filme und orientierte sich zum Teil an deren minimalistischem Grundkonzept. Was auch dem geringen Budget zugute kam. Gedreht wurde in hoch auflösendem Digitalvideo, ohne künstliches Licht. Beim Spezialmakeup und den Körpereffekten wurde allerdings nicht gespart, die extrem heftigen Gewaltszenen fügen sich in die realistische Gesamtwirkung des Films ein. Vor allem aber erschüttern sie den Zuschauer bis ins Mark. Denn die größte Schwäche von "Hostel" - nervige Hauptfiguren und lächerlich-klischeehafte Bösewichte - umgeht McLean. Die Charakterisierung der drei Freunde erfolgt kurz, aber überzeugend. Den Rest erledigen die guten Schauspieler Cassandra Magrath (Liz), Kestie Morassi (Kristy) und Nathan Phillips (Ben). Als ihr Leiden beginnt, hat der Regisseur den Zuschauer längst im Sack - und prügelt fortan munter auf ihn ein. Zusätzlich verstört der 54-jährige John Jarrat als Wüstenwürger Mick. Kumpelhaft erscheint er selbst dann noch, wenn er seinen Gefangenen Schlimmes antut. Ein Krokodil im Wombatpelz.

No more Mr. Nice Aussie

Er habe einen Anti-"Crocodile Dundee" erschaffen wollen, sagt McLean. Einen bösen Gegenentwurf zum cleveren australischen Naturburschen, der seit den beiden Filmerfolgen aus den 80er Jahren maßgeblich das Bild des Australiers in der Welt geprägt hat. Folgerichtig ist die einzige Szene mit Humor - bei der einem allerdings schnell das Lachen im Halse stecken bleibt - eine Hommage an die berühmteste Szene aus "Crocodile Dundee". Und wir lernen: Wenn Australier ein Buschmesser rausholen, wollen sie nicht immer einen Witz machen.

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