Jerry Weintraub hat schon viel gesehen. Aber der Auftritt seines Kollegen Michael Douglas bei der Pressekonferenz zu "Liberace - Behind the Candelabra" beim Filmfest in Cannes habe ihn berührt, sagte er hinterher. Denn, so der Hollywood-Produzent alter Schule (Jahrgang 1937), "Douglas hat sich zu dem Thema bisher nicht geäußert - weder privat noch öffentlich". Und so haben auch Regisseur Steven Soderbergh und der Saal voller Journalisten kurz den Atem angehalten, als Michael Douglas Tränen runterschluckte: "Dass ich diese Rolle nach meiner Krebserkrankung spielen durfte...", begann er, pausierte, entschuldigte sich und endete den Satz: "...ist ein großartiges Geschenk".
Das ist sie nicht nur für ihn. Mit diesem Film über das Liebesleben des exaltierten, genialen Showbiz-Pferdes Liberace, der Übermutter für die Elton Johns und Lady Gagas dieser Welt, hat Michael Douglas sich neu erfunden und ganz großes Kino geschaffen. Er ist so gut, dass man ihn die 118 Minuten einfach nur anstarrt. Vielleicht ist es sogar sein bester Film. Das sagte er auch selbst im Interview mit stern.de in Cannes.
Douglas strahlt Glück aus, aus jeder Pore. In feinem Zwirn sitzt er da, in dieser für Schauspieler typischen Fragilität. Fährt sich immer wieder durch die grauweißen Haare, die ihm weich in die Stirn fallen. Der Himmel ist Côte-d'Azur-blau, aber der Wind vom Meer ist frisch. "Ah, ein Sonnenplatz", ruft er. Er witzelt, spielt am Aufnahmegerät herum. "Wie haben Sie Ihren inneren Liberace gefunden, Mister Douglas? Er geht gleich in die Vollen: "Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, dass mir nach dieser ganzen Krebsgeschichte, als ich mich gefragt habe, ob ich überhaupt noch eine Karriere habe, dieses Juwel überreicht wurde!" Alles habe gestimmt: das Skript, die Kollegen, die Rolle. "Wahrscheinlich eine der besten, die ich je gespielt habe!" An jedem Satzende hört man ein Ausrufungszeichen.
Energie und Leidenschaft
Liberace zu spielen, sei ein Befreiungsschlag gewesen, so Douglas weiter. "Gott sei Dank, endlich frei! Ich habe den Krebs hinter mir!" Dankbar sei er Regisseur Steven Soderbergh und seinem Co-Star Matt Damon, dass sie so lange gewartete hätten, bis er wieder gesund war. "Und dann war da diese Energie, diese Leidenschaft", sagt Douglas.
Und die sieht man, wenn der alte Liberace sich in den jungen Scott verliebt, ihn in seinen Kitsch-Palast holt, ihn mit Schmuck behängt und irgendwann sogar zum Schönheitschirurgen schickt, auf dass er ihm ähnlicher werde. Trotz des steilen Machtgefälles in der Beziehung hat Liberace aber diese unbedingte Liebe und Zärtlichkeit in sich, die es absolut plausibel macht, dass Scott sich in ihn verliebt. Er habe große Kontrolle über seinen Part gehabt, sich jeden Abend die Arbeit des Tages angesehen, um Liberace nicht zu überzeichnen, sagt Douglas. Ein schmaler Grat, auf dem er elegant und leichtfüßig wandelt.
Ob die Nacktszenen schwierig waren? "Wir kannten alle das Skript, wir wussten, was auf uns zukommt", sagt er und lacht. "Nach ein paar Witzen war es okay. Wir haben uns immer gut gefühlt. Das sind choreografierte Szenen, da wird nicht impulsiv geküsst." Sie seien alle stolz, fügt er hinzu, "alle aus verschiedenen Gründen".
Jetzt erstmal Komödien
Immer wieder sagt er, dass die Rolle ein Geschenk gewesen sei. "Ich bin jetzt 68, ich habe Catherine (Zeta-Jones) mit 55 geheiratet und eine neue Familie gegründet, was nicht geplant, aber großartig war." Da sei die Familie erste Priorität gewesen, und die Karriere kam später. "Als der Krebs kam, hatten wir keine Wahl. Wir mussten uns auf eine harte Zeit einlassen, abwarten, was passiert, ob ich ihn wirklich loswerde oder nicht. Die aktuelle Chemo dauert nur ein paar Monate, aber danach wirst du immer wieder untersucht, um zu sehen, ob er Krebs wiederkommt. Das hat wirklich meine Wertschätzung für meinen Beruf wiederbelebt", sagt Douglas. "Meine Berufung." Die Mitteilung, dass er "krebsfrei" sei, verstehe er als "Vertragsverlängerung".
Und in der kommen jetzt erstmal Komödien: "Last Vegas" mit Robert De Niro, Morgan Freeman und Kevin Kline. Und dann eine mit Diane Keaton unter der Regie von Rob Reiner. "Ich versuche es. Ich liebe Komödien, es kickt mich, wenn ich Lacher kriege. Dafür war ich bisher ja nicht so bekannt."