Anfang November vergangenen Jahres übernahm Marc Conrad die Geschäftsführung von RTL. Nach nur dreieinhalb Monaten hat sich nun der Kölner Privatsender von seinem neuen Chef getrennt. Sein Nachfolger wird Gerhard Zeiler, Chef der RTL-Group in Luxemburg und Vorgänger von Conrad. Über die Hintergründe wurde offiziell nichts mitgeteilt.
Waren fehlende Konzepte die Ursache?
Aus gut informierten Kreisen wurde am Donnerstag jedoch bekannt, dass bei Konrad Konzepte vermisst wurden, die den privaten Kölner Sender hätten nach vorne bringen können. Nach langen Jahren als Marktführer hatte RTL seine Vormachtsstellung im vergangenen Jahr abgeben müssen, die ARD wurde die neue Nummer eins. Lange hatte sich Conrad mit Äußerungen über seine Vorstellungen zum Programm des Senders zurückgehalten. Erst in dieser Woche hatte er in einem Interview Äußerungen zur weiteren Zukunft gemacht. Vor allem von Seiten der werbetreibenden Industrie sei über fehlende Impulse geklagt worden, hieß es.
Marc Conrad und RTL
Conrad wurde 1960 in Luxemburg geboren und kam 1983 als Nachrichtenredakteur zu RTL plus. 1988 wurde er zum persönlichen Referenten von Helmut Thoma und wurde 1992 zum Programmdirektor. 1994 wurde er auch zum stellvertretenden Geschäftsführer ernannt . 1999, mit dem Amtsantritts Zeilers, schied er bei RTL aus und wurde Vorstandsvorsitzender der Typhoon Networks AG, deren Serie "Abschnitt 40" bei RTL läuft und schon zweimal mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. Seit November 2004 war er Geschäftsführer von RTL.
Conrad war bereits bis 1998 unter dem damaligen Geschäftsführer Helmut Thoma als Programmdirektor für RTL tätig gewesen. In dieser Phase galt er als "knallharter" Programmmacher mit dem Riecher für die richtigen Formate. Danach machte er sich mit seiner Produktionsfirma Typhoon Networks selbstständig, die unter anderem für RTL die Serie "Abschnitt 40" produziert und die Comedy "Freitag Nacht News".
"Marc Conrad ist ein herausragender Fernsehmacher und Kreativer", sagte Zeiler. "Ich danke ihm für die vielfältigen Anregungen in den vergangenen drei Monaten. Dass wir beschlossen haben, die Zusammenarbeit in der bestehenden Form nicht fortzuführen, bedeutet nicht, dass wir nicht auch künftig zusammenarbeiten werden." Conrad werde nun wieder selbstständiger Film- und Fernsehproduzent, hieß es.
Zeilers Stellvertrterin
Zeilers Stellvertreterin bei RTL wird Vox-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt. Der 42-jährigen Managerin werden laut RTL künftig die Direktionen Finanzen, Technik, Information und Medienpolitik, das Generalsekretariat, die Vermarktungsorganisation IP sowie die Vox-Geschäftsführung unterstehen. Weiter soll sie für die Beteiligungen der RTL Group an den Sendern n-tv und Super RTL verantwortlich sein.
Anke Schäferkordt, die früher beim Bertelsmann-Konzern in verschiedenen kaufmännischen Funktionen arbeitete, ist seit 1999 Geschäftsführerin beim Kölner Privatsender Vox. Ihr wird im Bertelsmann-Konzern hoch angerechnet, dass sie dem einstigen Problemkind der RTL-Senderfamilie mit einem geschickten Mix aus US- Lizenzware und Eigenproduktionen Profil verlieh und den Sender unaufhaltsam in die Gewinnzone führte.
<ziwti>Endlich eine RTL-Familie
Dass Zeiler wieder die Gesamtkontrolle über die Gruppe und den Sender hält, könnte eine andere Entwicklung nach vorne bringen, die sich bereits in den vergangenen Wochen angebahnt hat: Die RTL-Gruppe soll an der Übernahme des Medienunternehmens Tele München, derzeit zu 100 Prozent im Besitz ihres Gründers Herbert Kloiber, interessiert sein. Mit dem Besitz von Tele München hätte sich RTL nicht nur auf einen Schlag die Rechte an einem großen Time-Warner-Filmpaket gesichert, sondern endlich auch die Mehrheit am kleinen Bruder RTL II - vorausgesetzt, Tele-München-Partner Disney lenkt ein. Dann wäre die Familie endlich eine Familie, in der keiner über die Stränge schlägt und nur einer das Sagen hat.