Wenn der Abspann läuft, in dieser ewig gleichen Woody-Allen-Typografie, in diesem ewig gleichen Woody-Allen-Schwarz-Weiß, fühlt man sich ein bisschen veräppelt. Ja, "Midnight in Paris" ist ein typischer Woody-Allen-Film: Haken ans Jazzgedudel. Haken an die schönen schlauen Frauen. Haken an die Großstadt mit Charakter und Klischee. Haken an die Trend-Verweigerung. Haken an den übertriebenen Reichtum der Hauptfiguren. Haken an den neurotischen Trottel-Helden, den der Meister mittlerweile nicht mehr selbst spielt, weil er offensichtlich eingesehen hat, dass er zumindest im Kino nicht mehr zum Liebhaber junger Frauen taugt. Trotzdem stimmt etwas nicht mit diesem Märchen aus der Stadt der Liebe.
Gil (Owen Wilson) ist erfolgreicher Drehbuchautor belangloser Hollywoodfilmchen und verlobt mit der schönen, aber oberflächlichen Inez (Rachel McAdams). Während der Reichtum Inez völlig reicht, macht Gil die Belanglosigkeit zu schaffen. Er will einen Roman schreiben, so bedeutungsvoll wie die Werke von Hemingway. Doch selbst die gemeinsame Reise nach Paris kann Gils Schreibblockade nicht lösen. Bis er eines Abends, Schlag Mitternacht, an einer verwunschenen Pariser Straßenecke von einem Oldtimer aufgelesen wird, in dem niemand Geringeres sitzt als F. Scott Fitzgerald samt Gattin Zelda. Auf geht's in die Roaring Twenties, als Paris eine Party war, die man den Rest seines Lebens in sich trägt.
Der übliche Allen'sche Wahnisnn
Von nun an begibt sich Gil jede Nacht auf Zeitreise, trifft seine großen Idole - von Gertrude Stein über Hemingway bis Dali -, die für unglaublich unterhaltsame Lebenswahrheiten sorgen. Ohne zuviel zu verraten: Adrien Brody hat die lustigsten drei Minuten seiner bisherigen Karriere. Gils Tinte fließt wieder, und je tiefer er in sein ganz eigenes idealisiertes Paradies eintaucht, desto weiter entfernt er sich von seinem Leben mit Inez. Und ja, Carla Bruni kommt auch irgendwo vor, aber vielleicht wollen Sie den Film ja noch sehen.
Das hört sich alles an wie der übliche Allen'sche Wahnsinn von Zweifel, Liebe und Tod? Ja, doch hat der Film eine große Leerstelle, und die wird am Ende jeder Allen-Fan allzu deutlich spüren: "Midnight in Paris" hat keinen einzigen Widerhaken.
Nicht nervig genug
Paris ist so lieblich wie Las Vegas es sich vorstellt, ohne dass der Film dem Klischee jemals einen wirklichen Bruch verpasst. Da vermisst man "Whatever Works". Der Held ist unfassbar verdusselt, aber ohne einem wirklich auf die Nerven zu gehen. Da vermisst man "Manhattan". Jede Kante ist rundgehobelt, jeder Witz hat eine süße Kirsche oben drauf. Und die Weisheit, mit der Allen seinen geneigten Zuschauer am Ende zurück ins Licht schickt, lässt sich nur mit Altersmilde entschuldigen: Sei vorsichtig bei dem, was du dir wünschst. Das Unglaubliche ist passiert: Woody ist einfach nur nett.
"Wenn meine Filme keinen Erfolg haben, weiß ich, dass ich etwas richtig mache", hat er einmal gesagt. Diesmal ist einiges schief gegangen.