Internationales Filmfestival in Venedig Tykwer schickt "Menage à trois" ins Rennen

Nach Werken wie "The International" ist der deutsche Regisseur Tom Tykwer kein Unbekannter mehr in der internationalen Filmbranche. Die Premiere seines neuen Films "Drei" am Freitag beim Festival in Venedig wurde daher mit Spannung erwartet.

Was für ein Endspurt für den deutschen Regisseur Tom Tykwer: Sein neuer Film "Drei" wurde erst vor wenigen Tagen fertig, ging beim Internationalen Festival in Venedig als einer der letzten Filme in den Wettbewerb - und überraschte viele. Denn nach den internationalen Großproduktionen "Das Parfum" und "The International" legt der 45-Jährige nicht nur nach zehn Jahren wieder einen Film in deutscher Sprache vor, sondern besinnt sich auf den Mikrokosmos des alltäglichen Lebens. Verspielt und mit Witz erzählt Tykwer die Geschichte eines Paares, bei dem sich Mann und Frau in denselben Mann verlieben.

Der Film sei kein Plädoyer für eine Dreierbeziehung, betonte "Lola rennt"-Regisseur Tykwer in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. "Es geht vielmehr um eine gewisse Offenheit, die wir uns bewahren müssen." Dem Film sei wichtig, "dass wir uns nicht unsere Neugier verbieten. Sondern dass wir versuchen, einen Weg zu finden, wie man mit der Sehnsucht nach Verbindlichkeit und dem gleichzeitigen Impuls der stetigen Neugier umzugehen lernt."

So geht es auch Hanna und Simon. Seit gut 20 Jahren sind sie ein Paar, haben viele Höhen und Tiefen durchlebt, sind einander sehr vertraut und fühlen sich miteinander geborgen. Doch dann tritt Adam in ihr Leben, zufällig und nicht bewusst gesucht. Das Spannende: Hanna und Simon lernen Adam unabhängig voneinander kennen und lieben, beide wissen nichts von der Affäre des anderen. Und auch Adam ahnt nicht, dass Hanna und Simon ein Paar sind.

Tykwer erzählt auf visuell verspielte Art und mit Humor, wie die Drei mit der neuen Situation umgehen und wie diese überhaupt entstehen konnte. Schade ist aber, dass er sich nicht nur auf die Beziehungen konzentriert, sondern noch andere Personen und Ereignisse einführt. Das lenkt von der eigentlichen Geschichte ab und verwehrt einen noch intimeren Blick in die Dreiecksbeziehung. Außerdem bettet Tykwer "Drei" in einen intellektuelle Diskurs über Themen wie ungeborenes Leben ein, was vielen Zuschauern zu verkopft erschien.

Dennoch hat der Streifen, der im Dezember in die Kinos kommen soll, seine Stärken, nicht nur in dem Lebensgefühl, das er transportiert, sondern auch und vor allem in seinen Darstellern. Die Österreicherin Sophie Rois verkörpert Hanna perfekt, diese Frau mit ihrer forschen und etwas schnoddrigen Art, die zwar glücklich mit Simon (Sebastian Schipper) ist, sich aber auch vorsichtig ihre neuen Gefühle für Adam eingesteht. Devid Striesow glänzt als Adam. Zuerst ist er nur eine Nebenfigur, entwickelt sich dann aber überzeugend zur starken dritten Hauptperson. Dass sich Adam seinerseits in zwei Menschen gleichzeitig verliebt, nimmt man Striesows Spiel tatsächlich ab.

Möglicherweise hat Striesow ("Die Fälscher) damit auch Chancen auf einen Preis beim Festival als bester Darsteller. Denn auch wenn im Wettbewerb nun alle 24 Beiträge zu sehen waren: Einen eindeutigen Favoriten für den Goldenen Löwen, der am Samstagabend verliehen wird, gibt es nicht. Hoch gehandelt werden gleich mehrere Werke mit politischem Hintergrund.

Da ist zum Beispiel das spanische Werk "Balada triste de trompeta", das mit einem traurigen Clown im Mittelpunkt grotesk-überdreht die Gräuel der Franco-Zeit anprangert. Auch Chile könnte mit "Post Mortem" über die Umstände von Salvador Allendes Tod beim Militärputsch Chancen auf einen Goldenen Löwen haben. Möglicherweise macht aber der chinesische Überraschungsfilm "The Ditch" das Rennen, der geheim gedreht wurde und äußerst beklemmend von einem kommunistischen Arbeitslager in der Wüste Gobi erzählt. Und auch der russische Film "Silent Souls" um den Verlust von Traditionen und Kulturen in der modernen Welt steht auf der Favoritenliste zahlreicher Kritiker.

Möglicherweise bleiben diese Spekulationen aber auch genau das, und bei der Preisverleihung gewinnt ein ganz anderer Film. Denn eines ist bei einer Jury unter Vorsitz von "Inglourious Basterds"-Regisseur Quentin Tarantino sicher: Vorhersehbar ist nichts.

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Aliki Nassoufis, DPA

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