US-Kinosommer Ein kleiner Fisch macht einen Rekordsommer

Der dickste Fisch des amerikanischen Kinosommers war nicht etwa Arnie, der Terminator, oder das Rebellenraumschiff in der Matrix. Nein, alle wollten den entführten Clownfisch Nemo finden.

Hollywood am Hungertuch? Immer wieder mal blitzt so eine Vorstellung bei Kritikern auf, wenn die US-Filmindustrie ihr Programm für den jeweiligen Kinosommer vorstellt. Einfallslos, das kann nicht gut gehen - solche Vorwürfe und Voraussagen waren angesichts einer Rekordzahl von Fortsetzungen bekannter Stoffe im Frühjahr in der US-Presse zu lesen. Am Montag hat Hollywood - wie stets am Labour Day - den Kassensturz des Kinosommers gemacht: Für 3,87 Milliarden Dollar (3,52 Milliarden Euro) wurden seit Ende Mai Kinokarten verkauft. Ein Rekord, zwei Prozent mehr als im Vorjahr, wobei Preissteigerungen einen leichten Rückgang der Besucherzahlen mehr als ausglichen.

Dabei hatte zeitweise tatsächlich manches auf ein recht schlechtes Jahr hingedeutet. 'Terminator'-Arnold verdiente beim dritten Anlauf deutlich weniger als vorher. Charlies Engel blieben um 25 Millionen Dollar unter den Erwartungen. Angelina Jolie spielte nur die Hälfte des ersten 'Tomb Raider'-Spektakels ein.

'Findet Nemo' spielte 330 Millionen Dollar ein

Als großer Retter der Branche erwies sich ein kleiner Fisch namens Nemo aus dem Animationsstudio Pixar. Kinogänger in Deutschland werden ihn erst im Spätherbst schwimmen sehen, aber der gute Ruf ist 'Findet Nemo' schon vorausgeeilt. Allein in den USA hat die Geschichte des Clownfischs, der aus seinem heimischen Korallenriff entführt wird, 330 Millionen Dollar eingespielt.

Das ist für einen Trickfilm das beste Ergebnis aller Zeiten. Allerdings nur, wenn man den absoluten Dollarwert nimmt. Mit 'König der Löwen' hatte Disney 1994 weniger Geld in die Kinokassen gebracht, aber mehr Karten verkauft.

'Matrix Reloaded' nur auf Platz zwei

So wird denn auch die Freude der Branche über den Sommer 2003 dadurch getrübt, dass bei durchschnittlich vier Prozent höheren Kartenpreise das Gesamtergebnis zwar um zwei Prozent unter dem des Sommers 2002 liegt, die Besucherzahlen aber zwei Prozent darunter. "Aber das kann man vernachlässigen", sagt Disney-Studiochef Richard Cook. "Das ist keine dramatische Entwicklung."

Als dicksten Fisch des Jahres hatten Branchenpropheten eigentlich den zweiten Teil des High-Tech-Thrillers 'Matrix' gesehen. Um so größer war das Staunen, als die Bilanz für 'Matrix Reloaded' um mehr als 50 Millionen Dollar schlechter ausfiel als die für 'Nemo'. Allerdings lag 'Reloaded' mit 279 Millionen Dollar weit über den Einnahmen des ersten 'Matrix'-Films im Jahr 1999 und kam immerhin auf Rang zwei der US-Sommer-Charts.

Die verfluchten Piraten kamen gut an

Mit einem Abstand von nur neun Millionen Dollar folgte ein weiterer Überraschungshit. 'Fluch der Karabik' - diese Woche auch im deutschen Kinoprogramm - war trotz Starbesetzung mit Johnny Depp als herrlich unernstem Piratenkapitän, mit Oscargewinner Geoffrey Rush und Orlando Bloom aus 'Herr der Ringe' kein allzu großer Erfolg zugetraut worden. Piratenfilme, war im Fachblatt 'Hollywood Reporter' zu lesen, seien nun mal out.

Das erwies sich ebenso als Fehleinschätzung wie die Warnung, das Publikum sei "übersättigt mit Sequels". Einige Fortsetzungen spielten mehr Geld ein als die jeweiligen Vorgänger, darunter auch der zweite 'X-Men'-Teil und das dritte Abenteuer der 'Spy Kids'. Zum Gesamtergebnis trug bei, dass eine Rekordzahl von fünf Filmen die 200-Millionen-Marke übersprang.

'Gigli' trotz oder wegen "Bennifer" ein Flop

Aber 2003 war auch der Sommer einer Rekord-Peinlichkeit. 'Liebe mit Risiko - Gigli' brachte mit 5,6 Millionen Dollar nicht annähernd die Kosten ein und bescherte Jennifer Lopez und Ben Affleck ein Karrieretief. Obwohl die Affäre der beiden Stars im richtigen Leben gerade die Klatschspalten beherrschte, blieb das Publikum aus - vielleicht ja auch gerade deshalb. Im Oktober wird sich zeigen, ob 'Gigli' beim deutschen Publikum besser ankommt als beim amerikanischen.

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