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Daniel Suarez: "Bios" Würden Sie Ihr Kind genetisch verbessern lassen?

US-Autor Daniel Suarez denkt in seinen Sience-Fiction-Romane aktuelle Grundlagenforschung konsequent weiter. Sein neustes Buch "Bios" beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Genetik, insbesondere der 2012 entwickelten Technik CHRISPR (gesprochen Chrisper).
US-Autor Daniel Suarez denkt in seinen Sience-Fiction-Romane aktuelle Grundlagenforschung konsequent weiter. Sein neustes Buch "Bios" beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Genetik, insbesondere der 2012 entwickelten Technik CHRISPR (gesprochen Chrisper).
2045 können Eltern den Embryo ihres Kindes genetisch "tunen" lassen. Illegal. Ein Milliardengeschäft mit der Elternliebe und fatalen Folgen. 

Worum geht es?

Die Dampfmaschine leitete die industrielle Revolution ein, sie veränderte alles. Zunächst in der Herstellung von Gütern in Fabriken, dann in der Landwirtschaft, im Transport von Waren. Sie führte zum Verbrennungsmotor, der die Welt erneut auf den Kopf stellte, die Menschen mobiler und die Welt ein gutes Stück kleiner machte. Viele Berufe starben aus, völlig neue wurden geschaffen. Der Transistor führte zur dritten Revolution. Passten die ersten Modelle noch in eine Hand, sind es heute zwei Milliarden auf der Fläche eines Fingernagels. Die digitale Revolution schuf eine neue Welt mit neuen Gesetzen, Berufen und Problemen. Ganze Berufszweige starben innerhalb kurzer Zeit aus, alte Geschäftsmodelle kollabierten ebenso wie bewährte globale Wertschöpfungsketten. Im Jahre 2045 hat die vierte industrielle Revolution das bisher Gültige hinweg gefegt, auch den Beruf  des Vaters von Kenneth Durand, dem Protagonisten von "BIOS".

Im neusten Roman des US-Autors Daniel Suarez ist die synthetische Biologie der Transistor von Morgen. Sie ist das Ende der mechanischen Herstellung von Gütern. Ingenieure wie den Vater von Durand werden nicht mehr gebraucht. Das Leben selbst wird zur herstellenden Maschine. Dank der CRISPR-Technik können Zellen umprogrammiert werden und beliebige Dinge herstellen. Gen-Editing ist die Schlüsseltechnologie für alles. Veränderte Bakterien stellen Treibstoffe her, Autokarosserien wachsen aus organischem Material wie Chitin, Fleisch wird gezüchtet –ohne Tiere und somit ohne Tierleid.

Den maßgeschneiderten Bakterien, Algen und Pilzen gleich lässt sich auch der Mensch designen. Tausende Eltern lassen, genügend Geld vorausgesetzt, den Embryo ihres Nachwuchses genetisch "verbessern": überragende körperliche Kraft und Fitness oder ein IQ über 130? Kein Problem stände menschliches Gen-Editing nicht international unter Strafe.

Das gut 13 Stunden lange Hörbuch von Daniel Suarez' "BIOS" gibt es unter anderem bei Audible zum Download. Es wird gelesen von Uve Teschner.
Das gut 13 Stunden lange Hörbuch von Daniel Suarez' "BIOS" gibt es unter anderem bei Audible zum Download. Es wird gelesen von Uve Teschner.
© Rowohlt

Kenneth Durand wacht über die Einhaltung des Gesetzes. Er ist einer auf Gen-Kriminalität spezialisierter Interpol-Ermittler in Singapur, der Hauptstadt des Gen-Editings. Asien hat 20145 den USA längst wirtschaftlich und machtpolitisch den Rang abgelaufen. Die einstige Supermacht ruhte sich zu lange auf den Erfolg ihres Silicon Valley aus, während der Kreationismus an den Schulen und Universitäten die Bio-Wissenschaften vertrieb.

Durand wird auf den Gen-Datenhändler Markus Wyckes angesetzt, einer der ganz großen Kriminellen der Branche. Genmanipulation von Menschen ist ein Milliarden Geschäft in einer weltweiten Schattenwirtschaft, in der Wyckes die Fäden zieht. Doch ehe Durand überhaupt in seine Nähe kommen kann, wird er Opfer eines vermeintlichen Giftanschlages. Er fällt ins Koma. Als er erwacht und in den Spiegel schaut, sieht ihn das Gesicht von Wyckes an. Durand sieht nicht nur so aus wie der meistgesuchte Mann der Welt, er trägt auch noch seine DNA. Biologisch gesehen ist er Wykes. Doch wie beweist man seine Identität ohne DNA?

Auf sich allein gestellt und von der Polizei gesucht, macht sich Durand auf die Jagd nach jenem Mann, der ihn offenbar genetisch vollständig umgebaut hat. Sein Weg führt ihn tief in die Schattenwelt der genetischen Manipulation und welchen Einfluss sie auf gesellschaftliche Ordnungen und politische Systeme hat. Am Ende steht die Frage, was Identität noch bedeutet, wenn man sie auf DNA-Ebene wechseln kann.

Wer spricht?

Uve Teschner verleiht mit seiner vielfältigen, warmen Stimme dem Hörbuch fast ein Hörspielcharakter. BIOS verlangt dem Sprecher dabei einiges ab. In der multikulturellen Megacity Singapur kommen neben Männern, Frauen und Kindern auch zahlreiche Sprachfärbungen vor. Teschners Interpretationen wirken dabei nicht aufgesetzt, sondern stets maßvoll.  Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Sprechern kommt Teschner nicht aus der Schauspielerei. Er synchronisiert etwa Serien wie "CSI- Miami", "White collar" oder Hollywood-Produktionen wie Driver oder das Bourne-Vermächnis.

Für wen geeignet?

BIOS ist ein Krimi, ein rasanter Action-Thriller und ein fundiert recherchierter Roman über die derzeit noch theoretischen Möglichkeiten der Genetik. Die perfekte Urlaubslektüre also. Kurzweilig, doch mit den gezeichneten Auswirkungen neuer Techniken auf die Gesellschaft und die Frage nach der Identität auch genügend Stoff der nachwirkt.

Der Autor

Daniel Suarez, Jahrgang 1964, ist von Haus aus Software-Entwickler. Schreiben war sein Hobby, das erste Buch erschien im Eigenverlag. Heute sichern sich die Paramount Pictures schon rechtzeitig die Filmrechte an seinen Romanen. Suarez greift in seinen Utopien bereits heute existierende Techniken auf und spinnt deren Einsatz und Entwicklung weiter. Sein erster Erfolg "Deamon" beschäftigt sich mit der Rolle der Künstlichen Intelligenz, in "Kill Descision" geht es um autonome Drohnen und Roboter in der Kriegsführung und in BIOS um die Macht der Genetik in einer nahen Zukunft. Suarez recherchiert die wissenschaftlichen Grundlagen seiner Bücher sehr gewissenhaft. Seine Romane sind sozusagen wissenschaftlich bodenständige Sience Fiction. So gibt es die CRISPER-Technik tatsächlich heute schon. 2012 fanden Wissenschaftler heraus, dass bestimmte Bakterien ihre DANN selbst umschreiben können, um sich vor Krankheiten zu schützen. Auf der Basis dieser Erkenntnisse gelang es chinesischen Wissenschaftlern im vergangenen Jahr, bei einem menschlichen Embryo eine Erbkrankheit aus dem genetischen Code zu entfernen.

Was stört?

Was dem Protagonisten in BIOS widerfährt, überspannt den Bogen so sehr, dass es vor allem gegen Ende des Romans etwas zu fantastisch wird. Das beschädigt leicht die über weite Strecken durchaus glaubwürdig gestaltete Zukunftswelt.

hlue

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