Das Durchschnittseinkommen deutscher Künstler beträgt etwa 1000 Euro im Monat. Nach dem New Yorker Auktionsrekord dürften sich viele von ihnen fragen, warum sie nur mit Nebenjobs über die Runden kommen, während für ein einziges Munch-Bild 120 Millionen Dollar hingeblättert werden.
Doch die Auktionsrekorde der letzten 20 Jahre spiegeln die gestiegene wirtschaftliche Bedeutung der Kunst. Früher war Kunst etwas für eine kleine Elite, heute besuchen in den Industrieländern mehr Menschen Museen als Sportveranstaltungen. Im Zuge dessen hat sich Kunst zu einem Milliardengeschäft entwickelt. Es ist eine Anlageform wie Aktien, Immobilien oder Gold.
Ein anerkanntes Meisterwerk wie "Der Schrei" ist dabei eine denkbare sichere Bank. Dieses Bild kennt fast jeder - und wenn auch nur als Halloween-Maske. Kein Kunsthistoriker hält es für möglich, dass es diesen Status noch einmal einbüßen könnte - es ist eine Ikone wie die "Mona Lisa" von Leonardo da Vinci oder der "David" von Michelangelo. Das bedeutet: Wenn nicht gerade der Dritte Weltkrieg ausbricht, kann sein Wert nur steigen.
Der spekulative Markt der zeitgenössischen Kunst
Deshalb sind Verkäufe von Werken der alten Kunst oder klassischen Moderne selten umstritten. Spekulativ wird es hingegen bei zeitgenössischer Kunst. Und diese macht den weitaus größten Teil des Kunstmarkts aus.
So wie man mit Aktien aufstrebender Internetunternehmen die höchsten Profite erzielen kann - sofern man auf die richtigen setzt - so winken auch in der Kunstbranche bei den Jungen Wilden die ganz fetten Gewinne. Der englische Sammler Charles Saatchi kaufte zum Beispiel 1991 für 50 000 Pfund einen in Formaldehyd eingelegten Haifisch von Damien Hirst, ein Sinnbild der Vergänglichkeit. 13 Jahre später verkaufte er das Werk wieder - dem Vernehmen nach für 6,5 Millionen Pfund.
Die Tricks der Galeristen
Nicht immer geht bei Auktionsrekorden alles mit rechten Dingen zu. Manchmal stellt sich hinterher heraus, dass das Werk eines bestimmten Künstlers von seiner eigenen Galerie angekauft worden ist. Gerade wenn ein Künstler erst noch aufgebaut wird und seine Bewertung durch die Kunstkritik noch unsicher ist, will seine Galerie oft um jeden Preis verhindern, dass seine Werke unverkauft bleiben.
Ein anderer Trick: Eine Galerie, die einen bestimmten Künstler unter Vertrag hat, erklärt öffentlich, dass es für seine Werke eine "Warteliste" gibt. Schon manches Mal hat sich hinterher gezeigt, dass der Künstler in Wahrheit enorme Mengen auf Halde produziert hatte - die Galerie gab das Werk aber nur scheibchenweise heraus, um den Preis hochzuhalten.
Solche Methoden sind sicher nicht immer ganz sauber. Allerdings: Schon Rembrandt (1606-1669) soll für eine von ihm selbst angefertigte Grafik bei einer Auktion die damals enorme Summe von 100 Gulden geboten haben - nur um damit den Preis für sein Werk hochzutreiben. So ganz neu ist das alles also nicht.