Alanis Morissette Vom "Girlie-Bitch" zur Weichspültussi

Von Annina Loets
Sie war Idol einer ganzen Mädchengeneration. Jetzt ist Alanis Morissette wieder da: "Flavors of Entanglement" heißt die neue Platte, die mit Trommeln, Streichern und Elektroklängen ganz anders klingt als "Jagged Little Pill". Anders - und irgendwie zu soft. Bei stern.de können Sie sich einen eigenen Eindruck verschaffen.

Die nette Variante wäre: Alanis Morissette ist erwachsen geworden. Die ehrliche heißt: Alanis Morissette versucht, erwachsen zu sein. Und: Bei ihrem neuen Album "Flavors of Entanglement" hat sie es ordentlich mit dem Weichspüler übertrieben. Fehlt nur noch, dass sie Michael Jacksons "Heal The World" covert. So weit ist es noch nicht. Doch die sonst so bissige Kanadierin versteckt sich hinter bizarren Altersweisheiten und chartigen Mainstream-Klängen.

Dabei hatte alles so gut angefangen, als sie mit Björk-Produzent Guy Sigsworth ins Studio ging: Eine neue, schärfere, reifere Künstlerin hätte bei der Zusammenarbeit herauskommen können. Schließlich ist Alanis Morissette eine der größten "Singer-Songwriter" der aktuellen Popkultur. Eine, die das Format Avril Lavigne erst möglich machte. Eine, die aggressiv und emotional war – und es auf fast auf allen Bühnen der Welt sein durfte. Kurzum, eine von deren Album viel zu erwarten war.

Stattdessen: Elf Lieder, in denen sie den Zustand der Welt und ihre Trennung von Ryan Reynolds (dem jetzigen Verlobten von Scarlett Johannson) beweint – ohne dabei jedoch die Kraft von "You Oughta Know" zu entfalten. Zwar ist Morissette mit "Versions of Violence" auch ein starker Song gelungen. Bei den meisten Titeln hat sie dagegen das sympathische Gittarrengeschrammel durch langweilige Pop-Melodien ersetzt. Hin und wieder quietscht eine Geige. Meist stampfen aber lustlose Beats wie sonst nur bei denx Konserven-Kollegen der Casting-Shows.

Zur CD

"Flavors of Entanglement" ist ab dem 30. Mai im Handel erhältlich. Warner Music Group, 11 Songs, 16,95 Euro

Auch die Texte haben gelitten. Keine Spur mehr von der Frau, die Titel wie "Ironic" geschrieben hat. Stattdessen raunt sie Sätze wie: I am a citizen of the planet/From simple roots through high vision/I am guarded by the angels ("Ich bin ein Bürger dieses Planeten/ Von den einfachsten Wurzeln bis zu den höchsten Visionen / Wachen Engel über mich"). Dass sie dann nochtreuherzig davon singt, endlich Frieden finden zu wollen, verstärkt den Verdacht, dass "Flavors of Entanglement" das Werk einer Künstlerin ist, die nicht mehr Teenie und noch nicht Frau sein will.

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