Mit den Toten und Untoten der Musikgeschichte lässt sich Geld verdienen. Ob Elvis, Beatles oder Rolling Stones - jede Wiederveröffentlichung oder neue Zusammenstellung von Songs der großen Helden des Rock'n'Roll lässt die Kassen der sonst so arg gebeutelten Musikindustrie klingeln. So konnten die Beatles in den letzten Jahren mehrfach die Bilanzen ihrer Plattenfirma EMI retten. Auch die BMG versteht sich auf das Geschäft mit der Vergangenheit: Als sich 2002 der Todestag Elvis Presleys zum 25. Mal jährte, brachte man termingerecht die Best-of-Compilation Elvis 30 No.1 Hits auf den Markt und verhalf dem "King" weltweit zu Top-Platzierungen in den Charts.
Das Interesse an Elvis Presley ist noch lange nicht erlahmt. Und es ist noch einiges an Schätzen zu heben. Anders als bei den Beatles, deren musikalischer Nachlass von der EMI schon seit Jahren schamlos - immer pünktlich zur Weihnachtszeit - ausgepresst wird, geht die BMG bei der Hinterlassenschaft von Elvis behutsam vor. In den letzten Jahren sind zwei DVD-Deluxe-Editions von Klassikern, die viele Fans interessieren dürften.
Das Comeback, das seine Karriere rettete
Zum einen ist das "68 Comeback Special" auf DVD erhältlich. In Elvis' Karriere markiert dieser Film einen wichtigen Einschnitt: In den 60er Jahren hatte sich das einstige Jugendidol mit harmlosen Balladen und belanglosen Filmen immer mehr in den Mainstream katapultiert, wo Hausfrauen den größten Teil seines Publikums bildeten. Mit dem "Comeback Special" bewies Elvis 1968, dass er noch relevant und rebellisch ist.
Sieben Stunden Material
Gleich zu beginn stellte er klar, wohin die Reise geht: "If you're looking for trouble / You came to the right place / If you're looking for trouble / Just look right into my face". Da war wieder der alte, bedrohliche Elvis. Es folgt mehr als eine Stunde bester Musik: Ob er im schwarzen Lederdress vor begeisterten Publikum singt, oder mit alten Weggefähren im Kreis sitzt und locker vor sich hinjammt: Nie wieder in seiner Karriere war Elvis in derart bestechender Form. Die drei DVDs enthalten reichlich Material, das im Zusammenhang mit der TV-Produktion entstanden ist. Wer viel Zeit mitbringt, wird sich mit einigem Vergnügen durch die sieben Stunden schauen.
Auf dem Gipfel
Dem Comeback folgte eine produktive Phase mit großartigen Alben wie "From Elvis in Memphis", ehe er langsam fett und faul wurde. Oder wie es Bob Dylan sagte: "Seine einzige Sünde war seine Leblosigkeit". Elvis kehrte wieder zu scheußlichen Balladen zurück und zum Showbiz à la Las Vegas. Seinem Ruhm tat das keinen Abbruch: Für seine Fans blieb er der Größte.
In dieser letzten Phase entstand 1973 "Aloha from Hawaii", ein Konzert, das per Satellit in zahlreichen Ländern live übertragen wurde. Den spätere TV-Zusammenschnitt sahen weltweit schätzungsweise 1,5 Milliarden Menschen. Die Show zeigt Elvis auf dem Höhepunkt seines Superstar-Daseins. Anstelle des wilden Rock'n'Rollers gibt Elvis den großen Crooner, der sich von einer fetten Band begleitet lässt.
Hier spricht Zarathustra
Eröffnet wird das Konzert mit einer Fanfare: Richard Strauss' "Also sprach Zarathustra" macht gleich zu beginn klar, dass die Zuschauer es hier mit keinem gewöhnlichen Sterblichen zu tun haben. Das Programm besteht aus einem einzigen Best-of. Allerdings nicht nur der eigenen Hits: Songs der Beatles, und auch Frank Sinatras "My Way" komplettierten die Setlist. Neben dem vollständigen Konzert vom 14. Januar 1973 enthält die erste DVD Szenen von Elvis' Hubschrauber-Ankunft auf Hawaii und die Probe vom 12. Januar. Auf DVD 2 ist dann u.a. das komplette NBC-TV-Special zu sehen, so wie es am 4. April 1973 weltweit ausgestrahlt wurde. Insgesamt enthält die DVD-Box mehr als vier Stunden Material aus Elvis' Karriere-Herbst.
Aus seinen Anfangstagen stammt dagegen die Musik auf "Elvis at Sun". Im Sommer 1954 hatte sich der noch unbekannte Lastwagenfahrer im Sun Studio in Memphis an Country-Songs versucht. In einer Pause sang er zum Spaß den alten Blues-Song "That's All Right, Mama". Sam Phillips, der Gründer des Labels Sun Records, drückte auf den Aufnahmeknopf. Die Platte wurde ein Hit, der auch von weißen Radio-DJs gespielt wurde. Für viele war dies die Geburtsstunde des Rock'n'Roll. Die vorliegende CD versammelt noch einmal alle bei den Sessions entstandenen Songs. Dies ist nicht die erste Zusammenstellung mit Sun-Material, aber die Konzentration auf die 19 fertig gestellten Songs (ohne alternative Versionen) und die verbesserte Klangqualität lohnen den Kauf.
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Musikgeschichte hautnah
Diese frühen Songs lieferten den Grundstein für Elvis' Aufstieg zum ersten Superstar des Rock'n'Roll. Und - wie "Aloha from Hawaii" andeutet - auch zu dessen Totengräber. Bei allem bleibt Elvis Presley ein großer Sänger und Performer. Bis heute haben seine Auftritte nichts an ihrer Faszination eingebüßt. Anhand der vorliegenden Neuerscheinungen lassen sich diese wichtigen Kapitel der Rockgeschichte noch einmal hautnah nachvollziehen.