Vor der ersten Sendung von "Unser Star für Baku" wurde das Tool für ein Live-Voting angepriesen, als habe Stefan Raab die Castingshow revolutioniert. Von der großen Transparenz für den Zuschauer war die Rede, von der Möglichkeit zur gezielten Einflussnahme auf den Ausgang der Abstimmung durch Anrufe und SMS. Auch Raab selbst äußerte sich zu seiner brillanten Idee überaus begeistert: "Die permanente Präsentation des Live-Votings ist einzigartig im TV", verkündet er.
Am ersten Abend des Vorentscheids für den Eurovision Song Contest konnte sich der Zuschauer ein eigenes Bild machen. Und das überraschte in so mancher Hinsicht. Zunächst wurde die Blitztabelle eingesetzt, um einen ersten Eindruck der Zuschauer widerzuspiegeln, den sogenannten Sympathiewert, und damit die Startreihenfolge festzulegen. Der Teilnehmer mit den wenigsten Anrufern durfte anfangen. Eine grausame Idee, vor Millionen von Zuschauern als unsympathisch abgestempelt zu werden. Noch grausamer: als "unsympathischste" Kandidatin gleich den ersten Auftritt hinlegen zu müssen. Glücklicherweise ließ sich Katja Petri, die nur von ihrer eigenen Gitarre begleitet eine unprätentiöse Version von Bruno Mars' "Marry You" ablieferte, davon nichts anmerken.
Echte Zufalls-Choreografie?
Besonders überraschend an dem Ergebnis des Sympathievotings war, dass Roman Lob, der sich bei seiner Vorstellung weder durch ein besonderes Outfit noch durch viele Worte hervorgetan hatte, im Sympathieranking auf Platz eins landete. Ein Durchmarsch für Holzfällerhemd, Basecap, Dreitagebart und Ohrring. Lob, so zeigte es die Blitztabelle an, musste damit als letzter von zehn Kandidaten auf die Bühne. Hatten die anrufenden und SMS-schreibenden Zuschauer eine Vorahnung?
Bereits vor dem letzten Akt deuteten sowohl die Kandidaten selbst als auch die Jury an, dass die letzten drei Teilnehmer außergewöhnlich gut seien. Hier hätte man als Zuschauer ins Grübeln kommen können. Kann das Zufall sein? Das Beste zum Schluss, zufällig vom Zuschauer gewählt und von der Blitztabelle arrangiert, wie es kein Choreograf besser hätte planen können?
Wie begeistert ProSieben von Stefan Raabs Erfindung ist, lässt sich nur ahnen: 50 Cent pro Anruf und pro SMS, eine Sendezeit von zwei Stunden, 45 Minuten und eine Blitztabelle, die nahezu immer in Bewegung war. Doch konkrete Zahlen rückt der Sender nicht raus. Ein ProSieben-Sprecher drückt die Freude über die hohe Beteiligung gegenüber stern.de so aus: "'Unser Star für Baku' begeistert. Das zeigen nicht zuletzt die gute Quote und eine rege Beteiligung am Zuschauervoting."