Keith Urban Der sexy Country-Rocker

  • von Malte Arnsperger
Er sieht umwerfend gut aus. Das tun viele. Aber Keith Urban macht zudem noch umwerfend gute Musik. Nur wenige Monate nach seiner Entziehungskur bewies der Country-Rocker in Hamburg auch den Deutschen, dass er mehr ist als nur der Ehemann von Oscar-Gewinnerin Nicole Kidmann.

Zwischen Reeperbahn und Hans-Albers-Platz, zwischen Herbertstraße und der Davidswache liegt die Große Freiheit. Ausgerechnet hier, wo Hamburgs Nachtschwärmer sonst mit Schlager, 80ern oder Chart-Hits beschallt werden, soll ein Country-Sänger für Stimmung sorgen. Country? Nein, keine Angst, Es geht hier nicht um Stammtisch-Deutsch-Country àla Tom Astor. Sondern um besten amerikanisch-australischen Country-Rock von Keith Urban.

Trotzdem: Country? In Deutschland? Wer bezahlt für so etwas rund 30 Euro? Antwort: viele. Vom ergrauten Ehepaar mit Fleecepulli und biederer Blümchen-Bluse über den langhaarigen Rocker mit Lederjacke und Fransenhemd bis hin zu den geschniegelten Studenten mit Polo-Shirt und Cowboyhut. Auch eine sechsköpfige Gruppe aus Ehlershausen bei Hannover hat sich mit Cowboyhut-ähnlichem Kopfschmuck für das Keith-Urban-Konzert rausgeputzt. Anführer Oli - angetreten mit Strohhut und Sonnenbrille - hat dessen Sound nach einem USA-Trip in den Freundeskreis getragen. Seitdem hat er sich dort "ausgebreitet wie ein Krebsgeschwür", wie Oli, 39, berichtet. Vor allem bei der hübschen blonden Jana scheint Keith Urban offene Ohren und natürlich auch Augen gefunden zu haben. "Ich finde ihn super. Er verbindet gute Musik und gutes Aussehen perfekt", sagt die 28-Jährige und grinst unter ihrem Strohhut hervor.

Rockiger Beginn von Keith

Das Grinsen sollten Keith Urbans Fans an diesem Abend nicht mehr aus dem Gesicht bekommen. Der Musiker aus Neuseeland, der nach dem Beginn seiner Kariere in Australien seit Jahren in der Country-Hauptstadt Nashville wohnt, bietet seinen 1500 Gästen eine begeisternde Präsentation seiner beeindruckenden Vielseitigkeit als Musiker, Entertainer und Charmeur. Rockig legt der 39-Jährige in schwarzem T-Shirt und Bluejeans mit dem Hit "Once in a Lifetime" aus seinem neuen Album "Love, Pain and the whole crazy thing" los. Breit grinsend, mit obligatorischem Dreitagebart, begrüßt Keith dann mit einem "Guten Abend" seine Fans. Von Anfang an hält er ständig Blickkontakt mit der fast ausschließlich aus weiblichen Fans jeden Alters besetzten ersten Reihe. Die schmelzen dahin, als sich ihr Idol zu seinen ersten Gitarrensoli ganz nach vorne an die Bühne stellt.

Und Keith Urban zeigt, dass er mehr ist, als ein Country-Sänger. Dieses Label passt sowieso nicht. Urban, in den USA längst ein absoluter Superstar und gerade ausgezeichnet mit einem Grammy, hat einen eigenen Stil. Er hat sich von der eher country-lastigen Musik seiner ersten Alben weiterentwickelt und verbindet nun die besten Elemente aus saftigem Rock, eingängigem Pop und stimmungsvollem Country zu einer mitreißenden Mischung. Vor allem Gitarrenfreunde kommen voll auf ihre Kosten, schließlich ist Keith mit vier Gitarristen angetreten und wechselt selber nach jedem Song das Instrument.

Nachdem Fans und Interpret durch den sehr rockigen und schnellen Beginn kräftig in Stimmung und ins Schwitzen gekommen sind, wechselt Keith die Musikrichtung und gönnt dem Saal und vor allem den kreischenden Mädels eine kleine Verschnaufpause. Seine gesamte Band verlässt die Bühne, als sich Keith ans Keyboard setzt und mit weicher Stimme die wunderschöne Ballade "Raining on Sunday" anstimmt. Nach den ersten Strophen verstummt er, sein begeistertes Publikum singt den Refrain alleine. Sichtlich beeindruckt von der Textsicherheit seiner deutschen Fans verwöhnt er sie dann mit eher country-lastigen Tönen aus seinen früheren Alben, wie etwa mit "Who wouldn't wanna be me", einem seiner vielen Nr.-1-Hits.

Anspielung auf Alkoholtherapie

Anders als viele seiner Musikerkollegen verlässt sich Keith Urban ganz auf seine Musik und seine Ausstrahlung. Er verzichtet auf jeglichen unnötigen technischen Schnickschnack, die Lichtanlage ist spartanisch, die Atmosphäre im kleinen Saal des Clubs "Große Freiheit 36" fast schon familiär. Der Surfer-Sunnyboy weiß aber, sein Publikum charmant zu unterhalten. Spontan springt er von der Bühne, schnappt sich ein hübsches Mädchen aus der ersten Reihe und drückt ihr nach kurzem Smalltalk einen Kuss auf die Wange.

Doch wer denkt, der 39-Jährige habe fern der Heimat seine Ehefrau Nicole Kidman vergessen, der irrt. Nach eineinhalb Stunden widmet er ihr die erste Zugabe, nämlich die Ballade "Got it right this time" - wohl eine Anspielung auf seine gerade beendete Alkoholtherapie.

Von diesen Problemen war aber beim Konzert in Hamburg nichts zu sehen. Sichtlich erschöpft, aber zufrieden lächelnd verabschiedet sich Keith Urban nach knapp zwei Stunden mit einer tiefen Verneigung von seinem Publikum. "See you guys in October" ruft er ihnen zu. Und die Gelegenheit, ihn im Oktober bei seinem nächsten Konzert in Hamburg wieder zu sehen, werden sich bestimmt viele nicht entgehen lassen. Die Freundinnen Katja und Grit aus Hamburg wollen demnächst Karten kaufen. Denn: "Keith ist vieeeel besser als Robbie Williams", sagt die 25-jährige Grit. Und nachdem ihre Freundin Katja, 30, ergänzt "Wir haben uns beide verliebt", entschwinden sie in die Hamburger Nacht und werden die Reeperbahn wohl erstmal mit Country-Rock statt mit deutschem Schlager in Verbindung bringen.

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