Klingeltöne Von der Hitparade aufs Handy

Handy-Klingeltöne: Sieht so die Zukunft der Musikbranche aus?
Handy-Klingeltöne: Sieht so die Zukunft der Musikbranche aus?
© Picture-Alliance/DPA
Seit Jahren beklagt die Musikindustrie ihren Niedergang. Handy-Klingeltöne sollten die neue Goldader für die siechende Branche sein. Doch vorschnelle Erwartungen haben sich nicht bestätigt.

Die britische Girl-Group Sugarbabes landeten mit ihrem Song "Round and Round" im vergangenen Jahr einen großen Hit - als Klingelton. Zwar stürmte die CD-Single die Charts, doch als Klingelton verkaufte sich das Lied noch besser. Liegt darin also die Zukunft der Musik?

Schon seit Jahren kränkelt die Branche. Die Gründe sind vielfältig. Zum einen sind sie hausgemacht: Durch die Fixierung auf schnelle Erfolge in den Hitparaden hat man es versäumt, Künstler aufzubauen, die länger als einen Sommer Platten verkaufen und noch Jahre später den Plattenfirmen umsätze bescheren. Zum anderen hat die wirtschaftliche Großwetterlage in Deutschland eine Konsumzurückhaltung bewirkt, die die Unterhaltungsindustrie besonders hart getroffen hat. Zudem ist die ganze Branche durch illegale Downloads aus dem Internet und Raubkopien arg gebeutelt. Das alles zusammen hat zuletzt zu Umsatzeinbrüchen im zweistelligen Prozentbereich geführt.

Mehr verkaufte Klingeltöne als Singles

Das Geschäft mit den Klingeltönen schien die ersehnte Rettung vor dem Niedergang. Charthits werden den Kids noch einmal als Klingelton fürs Handy verkauft. Zwar gehen inzwischen mehr Klingeltöne als Singles über den Ladentisch. Der Gesamtumsatz an Klingeltönen betrug 2003 100 Millionen Euro. Angesichts eines Milliardenumsatzes in der Musikbranche blieb die Zweitverwertung als Piepston im Handy nur ein kleiner Posten.

Hinzu kommt, dass die Musik-Label bei den bislang vorherrschenden mono- und polyphonen Bearbeitungen der Hits im Regelfall leer ausgehen. Lediglich Musikverlage und GEMA erhalten zusammen rund 30 Prozent des Umsatzes. Erst mit den Mastertones, also originalen Ausschnitten aus den Songs, wird das Geschäft für die Label lukrativ. Bis 2007 soll dieses Format den Markt dominieren, so Thorsten Rothmann, Director New Media bei BMG Deutschland.

Erst Hit, dann Handy

Doch auch dann kann man nicht davon ausgehen, dass die Klingeltöne die lahme Branche ankurbeln. Denn nach wie vor funktioniert ein Klingelton in aller Regel nur dann, wenn das zugehörige Lied ein Hit war. Zu den wenigen Ausnahmen zählt der im TV viel beworbene MTV-Klingelton oder der Jamba-Dance. Doch trotz üppiger Werbe-Etats floppten alle Versuche, diese Handy-Bestseller auch als CD-Single in die Hitparaden zu bringen.

"Klingeltöne funktionieren nur im Fahrwasser von Charthits", so Rothmann. Die zumeist im Teenageralter stehenden Käufer seien vor allem am Imagetransfer interessiert: Wer die Musik eines coolen HipHop-Künstlers auf seinem Handy hat, ist selbst ein Stück weit cool.

Kein Umbruch in der Branche

Auch Zukunftsvisionen, der Hype um Handytöne verändere die ganze Branche, kann der New-Media-Director nicht bestätigen. Weder würden Künstler speziell deswegen unter Vertrag genommen, weil ihre Musik besonders Handy-tauglich sei, noch hätten die mobilen Klänge Einfluss auf die Kompositionsweise von Charthits.

Der Schlüssel zum Erfolg bleibt für die Musikbranche auch in Zukunft der gleiche: gute Künstler zu verpflichten. Nur dann lassen sich auch mit Klingeltönen Erfolge wie mit "Round and Round" der Sugarbabes erzielen.

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