In meinem Kopf wohnt ein weißer Ritter. Einer von der Sorte, die vorbei kommt und das Leben besser macht. Ein Retter-Ritter. Gut, rein optisch hat er mehr von einem Troubadour im Nadelstreifenanzug. Während er im Arm eine Ukulele hält, baumelt über seiner Schulter eine Laptoptasche. Spätestens dann, wenn ein spröder Drumbeat einsetzt und er die Worte "I am lost. And I am rescuing. My name is Tristan and I'm alive" in die Welt hinaus singt, passiert das nicht mehr in meinem Kopf, sondern in meinem CD-Player. Da dreht sich Patrick Wolfs neues Album "Wind in the Wires" - eine Einladung zum Abenteuer. Und so schaurig-schön wie die Märchen, die wir als Kinder gehört haben.
Musikalische Wunderkinder
Der 21-jährige Brite gehört, wie auch der gefeierte Rufus Wainwright sowie Conor Oberst von den "Bright Eyes", zu einer Riege musikalischer Wunderkinder, deren erstaunliche Reife Musikliebhabern regelmäßig den Atem raubt. In seinen Melodien kombiniert Wolf angelsächsischen Folk samt seiner mittelalterlichen Wurzeln mit Elektronik - eine aufregende Mischung. Das Debutalbum "Lycanthropy" war ein gelungenes Spiel mit Patrick Wolfs Namen und somit Auftakt zahlreicher Vergleiche des jugendlichen Songwriters mit einem wilden, einsamen Wolfsjungen. Die Texte taten ein übriges dazu: Es wimmelte nur so von Blut, Werwölfen, Dämonen, und die Lieder erzählten von Angst, Ausgrenzung, Hadern mit dem eigenen Körper und Kindesmissbrauch.
Ins Bild passt auch, dass Wolf seine Alben quasi im Alleingang schreibt, einspielt und produziert. Andererseits: Wer von der Geige über die Ukulele bis hin zum Spinett offenbar allem Musik entlocken kann und wer Songs schreibt, seit er elf Jahre alt ist, der kann sich das erlauben. Er sei "Björk als Junge", jubelte die Musikpresse.
Im Netz
Dass die Website von Patrick Wolf vom Geist einer weißen Katze direkt aus dem Katzenhimmel heraus gepflegt wird, überrascht auch nicht mehr wirklich: www.patrickwolf.com
Lebenslustig suchend
Etwas mehr als ein Jahr ist seit "Lycanthropy" vergangen. Patrick Wolfs blonde Mähne ist nun kürzer und dunkel gefärbt. Die altmodischen Klamotten sind einem Dandy-Outfit gewichen. Und auch die Stimmung des neuen Albums ist anders. "Wind in the Wires" ist ein ganzes Stück ruhiger und ausgeglichener als sein Vorgänger. Wo "Lycanthropy" wild und rebellisch war, da ist "Wind in the Wires" suchend (I see a small house, built on the sea, I could live there alone with a horse and a ukulele. But how do I get there?), sehnsüchtig (So when the birds fly south I'll reach up and hold their tails, pull up and out of here) und gleichzeitig voller Lebenslust (I'm going to run the risk of being free).
Märchenhaftes vom melodiösen Wolf
Schon der erste Song, "The Libertine", der sanft mit Klavier- und Geigenklängen beginnt, steigert sich schnell zur Mitwipp-Hymne. "Teignmouth", "Railroad House" und "The Gipsy King" versetzen den Hörer an den einsamen Küstenstreifen Cornwalls, wo ein Teil des neuen Albums entstanden ist. Das innere Auge fügt eine Riege Waldnymphen, die auf einer Lichtung tanzen, hinzu. "Jacob's Ladder“ bringt einen Hintergrundchor mit, der klingt, als habe Wolf die komplette Besetzung eines schottischen Spukschlosses zu diesem Zweck gecastet. Und "Tristan" kann sich ohne Hemmungen in den Wettstreit um den perfekten Popsong einreihen. Auch wenn Patrick Wolf nicht wie der klassische weiße Ritter daherkommt: Er hat schon jetzt einen der wichtigsten Beiträge dieses Jahres zur Rettung der Musik geleistet.
Konzertdaten:
18. April - Köln, Gebäude 9
19. April - Hamburg, St. Pauli Tanzhalle
25. April - Berlin, Knaack
26. April - Dresden, Star Club
27. April - Nürnberg, K4
28. April - Heidelberg, Schwimmbad
29. April - Schorndorf, Manufaktur
30. April - München, Zerwirkgewölbe