"Germany's next Topmodel" Baywatch im Bordell

  • von Mark Stöhr
Man kann sich kaum entscheiden, was schlimmer war - die Rap-Videos oder die Borat-Badeanzüge? Die 10. GNTM-Folge war voll mit Fremdschäm-Momenten. Nur Joop dachte an den deutschen Wald und die Pilze.

Schon länger keinen Rap mehr gehört, der fetzt? Bitteschön: "Alle wissen, ich hab' den coolsten Swag, kriege 1000 Likes für meinen Hashtag." Oder, auch gut: "Hüfte schwingen, Bubblegum, hey, schaut doch, wie ich tanzen kann." Besser als der Bi-Ba-Butzemann bestimmt, hey. Stellt sich nur die Frage: Wer um Himmels willen denkt sich solche irrwitzigen Schwachmaten-Reime aus?

Wolfgang Joop war es nicht. Der war beim Pilzesammeln. "Ich gehe durch den Wald und rieche schon, wo die Pilze stehen." Man sieht ihn vor sich, wie er leise summend durchs Unterholz stapft. Gehüllt in eine selbstgehäkelte Bienen-Burka, wie sie Imker tragen, als Schutz gegen die vielen irrationalen Viecher, die in der Natur ihr Unwesen treiben.

Großmeister des Größenwahnsinns

Auch Thomas Hajo hat ein Alibi. Der trug gestern ein Joy-Division-Shirt, was für ein Minimum an Musikgeschmack spricht. Dass er die Ärmel bis zu den Schultern hochgekrempelt hatte, um seinen Bizeps freizulegen, könnte allerdings ein Indiz für eine Midlife-Crisis sein, die ja manchmal schlechte Gedichte zur Folge hat. Heidi Klum hingegen? Never. Die schafft nur Subjekt-Prädikat-Objekt. An guten Tagen.

Blieb also eigentlich nur noch Kristian Schuller, der Großmeister des Größenwahnsinns. Am Fotoapparat ein Gigant, als Produzent von Sätzen eher unterbelichtet. In der gestrigen Folge verglich er Ajsa mit einem Kühlschrank, der leer ist. "Dann machst du ihn auf, und plötzlich ist ein Sixpack drin." Die Message dieser drittklassigen Metapher sollte sein: Erst warst du saumäßig schlecht, dann warst du saumäßig gut. Das ist so das Reflexionsniveau, das am "GNTM"-Set herrscht. Der Schuller war der Hobbyreimer, wir legen uns fest. "Bubblegum" - "tanzen kann" ist genau seine Liga.

Er hatte ja auch sonst nicht viel zu tun. Es wurde der Dreh eines Werbespots gefaked, sozusagen zu Schulungszwecken. Heidi Klum bereitete die Models auf das neue Medium vor: "Video ist anders als Foto." Damit wussten alle Bescheid. Die Kandidatinnen mussten eine Straße entlanggehen und dabei ihren Rap aufsagen. Als Spielpartner wurden ihnen drei tätowierte Jungs zur Verfügung gestellt, die tapfer lächelten. Ihr Glück: Sie konnten kein Wort Deutsch. Sonst hätten sie nicht gelächelt.

Es waren schlimme Szenen, die sich an diesem Tag in Los Angeles abspielten. Peinlich trifft es nur unzureichend, schon eher: brutal. Ohne einen Hauch Rhythmusgefühl leierten die Models ihren Text herunter, wenn sie ihn denn überhaupt ganz zusammenbrachten, und laienschauspielerten sich dabei um Kopf und Kragen. Method Acting à la Mike Krüger in "Zwei Nasen tanken Super". Schuller und Klum schwankten vor dem Monitor zwischen Totlachen und Totschämen. Zu Sara lautete ihr vernichtendes Urteil: "Die wird es nie hinbekommen." Stimmt.

"Du bist Gewichtheberin"

Nur Laura war happy. "Ich finde das total geil, dass ich eben so gut war", sagte sie nach dem Dreh. Diese Einschätzung hatte sie höchst exklusiv. Aber die Nürnbergerin lebt ohnehin auf ihrem eigenen Planeten. Einwohnerzahl: eins. Gestern flog sie zusammen mit Darya und Kiki zu einem Cover-Shooting nach Miami. Es ging um den Titel eines Fitnessmagazins. Das war zusammengenommen alles ein bisschen zu viel für die 17-Jährige.

Nicht nur, dass der Fotograf Reh hieß, auf seinem T-Shirt aber einen Hirsch hatte, war verwirrend. Die Magazinmacher fanden auch noch Darya besser und gaben ihr den Job. Um Lauras Happiness war es geschehen. Sie rannte heulend weg – und darf in Zukunft nicht mehr mitmachen. Die Jury schickte sie nach Hause. Sie sei jemand, der sich selbst noch finden muss, hieß es in der Begründung. Vielleicht sollte sie vor dem Finden erstmal mit dem Suchen anfangen?

Auch Sara, das Küken der Gruppe, darf jetzt in Deutschland weiter an ihrer Identität werkeln. Sie fiel nicht nur bei der Rapperei durch, sondern später auch bei einem Shooting für – keine Ahnung. Der Sinn der ganzen Aktion wollte sich bis zum Schluss nicht erschließen. Hajo knipste, Joop kasperte und die Kandidatinnen mussten sich in Borat-Badeanzüge zwängen, die von den Schenkeln bis fast hoch zu den Achseln ausgeschnitten waren. Baywatch im Bordell. Sara fand den Aufzug – verständlicherweise – unmöglich, machte aber trotzdem mit. Bei einer Regieanweisung von Joop versagte ihr jedoch die Fantasie. "Du bist Gewichtheberin", rief er ihr in ihrem Puff-Outfit zu, "und stemmst jetzt Tonnen!" Sara ging weinend ab. Sie wiegt ungefähr 40 Kilo.

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