Im neuen norddeutschen "Tatort"-Krimi bekommt es LKA-Ermittlerin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) mit einem besonders grausigen Fall zu tun. Ein rumänischer Aushilfsbauer wurde tot und ohne Kopf auf einem Bauernhof in der ländlichen Gegend südlich von Hamburg aufgefunden. Nun ist Lindholm in einem von Sturheit und Verschlossenheit geprägten Milieu der Höfe im Alten Land allein auf Verbrecherjagd, da das Landeskriminalamt wegen eines Großeinsatzes keine Beamten schicken kann.
Doch diese Chance nutzt Regisseur Johannes Naber, um Lindholm als klassisch auf eigene Faust ermittelnde Kriminalistin zu zeigen. Das passt gut, weil sie nach der Zeit in Göttingen ohnehin vor einem Neustart in ihrem angestammten Polizeirevier in Hannover steht. Der "Tatort"-Fall "Letzte Ernte" läuft am Sonntag (26. Oktober) um 20.15 Uhr im Ersten.
Wo ist der Kopf?
Lindholm muss sich im Alten Land mit dem örtlichen Polizisten Olaf Gerke (Ole Fischer) abgeben, der offensichtlich eine eigene Auffassung von Polizeiarbeit im verstrickten ländlichen Bauernbiotop hat, wo jeder jeden kennt und eine Hand die andere wäscht. Doch sie stürzt sich hinein, bezieht sogar das Pensionszimmer des Opfers in einem Bio-Betrieb. Und nach und nach erhellen sich die komplexen Biografien und Beziehungen.
Das Gehöft der resoluten, kämpferischen Bio-Bäuerin Marlies Feldhusen (Lina Wendel) steht finanziell am Abgrund, Sohn Sven Feldhusen (Henning Flüsloh) fiel lange wegen Depression aus und wirkt überfordert, seine Frau Frauke (Ronja Herberich) träumt von einer eigenen Physiotherapie-Praxis.
In der Zeit der Abwesenheit ihres Mannes freundete sie sich mit dem engagierten Arbeiter Victor an, der nun scheinbar durch eine Landmaschine zu Tode kam. Doch kann es wirklich ein Unfall gewesen sein? Und über allem schwebt natürlich die drängende Frage: Wo ist der Kopf? Vom Fuchs gestohlen?
Hauptkommissarin hilft bei der Ernte
Die Kriminalhauptkommissarin führt unbequeme Gespräche, hilft sogar einen Tag bei der Ernte, um tiefer ins Geflecht der Beziehungen vorzustoßen. Sie deckt Rivalitäten auf, entdeckt außerdem umstrittene Pflanzenschutzmittel der Vergangenheit mit nachhaltigen Folgen für die Gesundheit. Sie beobachtet aber auch Versuche von Bio-Bauern, es mit strengen Regeln besser zu machen. Und das, obwohl das Alte Land mit seinen bei Touristen beliebten Apfel-Monokulturen für die Bauernschaft eine harte, entbehrungsreiche Existenz bedeutet.
Für die konventionelle Landwirtschaft steht dagegen Hajo Kinkicht (Tim Porath). Er scheint in guter Nachbarschaft mit den Bio-Bauern zu leben, doch auch in diesem Verhältnis kommen Konflikte ans Licht; vor allem, weil er es ist, der das Land in der Gegend verpachtet und obendrein mit Pestiziden handelt. Alt-Bäuerin und Umweltaktivistin Marlies Feldhusen hat ihn verklagt. Er könnte versuchen wollen, ihr zu schaden.
Am Ende läuft es auf eine Szene wie aus einem guten alten Agatha-Christie-Klassiker - mit Miss Marple oder Hercule Poirot - hinaus, wenn Lindholm alle Verdächtigen in einem Kreis versammelt, mit einem Wecker die Zeiten nachstellt und sozusagen in Echtzeit die losen Fäden und Lücken in den Erzählungen kombiniert, nacheinander alle möglichen Verdächtigen ausschließt – bis sie schließlich doch bei der Person landet, die sie sucht.
Ungewohnt und charmant
Ungewohnt für einen Tatort, aber durchaus charmant. Auch die Geschichte funktioniert. Man wähnt sich als Zuschauerin und Zuschauer schon bald auf der richtigen Spur, doch das Ende hält dann doch einige überraschende Details parat.